Philadelphia: Eltern aus People of Color-Familien beklagen laut einem Bericht der Philadelphia Tribune „Diskriminierung und zügellosen Rassismus“ an der örtlichen Waldorfschule
„Hier geht es nicht um enttäuschte Erwartungen, Missverständnisse oder sich gelegentlich äußernden Rassismus“, schrieb eine Gruppe namens „Concerned Parents of Color“ (Besorgte Parents of Color) in einem Brief an die Verwaltung der Privatschule im frühen Sommer.
„Es ist ein durchgängiges Muster, das eine Art Sabotage unserer bisherigen Bemühungen um eine Verantwortlichkeit darstellt. Da unsere individuellen Beschwerden nicht gehört wurden, kommen wir als Gruppe zu Ihnen in der Hoffnung, dass Sie unseren Schmerz glaubwürdiger finden werden. Wir fordern Maßnahmen von denen, die Autorität, Einfluss und Gewissen haben.“ (Philadelphia Tribune – „Concerned parents speak up about racism, discrimination at Waldorf School of Philadelphia„, 15.08.2020)
Die Eltern haben Dutzende von Vorfällen aufgelistet, die Schüler oder ihre Familien in den letzten Jahren persönlich erlebt haben. Darunter fällt auch Schulpersonal, dass bei Schulveranstaltungen Sitzplätze in den ersten Reihen nur für Weiße Familien reserviert. Seit langem würden Teile der Elternschaft ausgegrenzt und ignoriert.
Waldorf-Eltern proben den Aufstand. Gemeinsam mit Waldorfpädagog*innen wehren sie sich im offenen Brief an den Waldorf-Bund gegen verpflichtende Corona-Maßnahmen an Schulen in NRW – insbesondere gegen die Maskenpflicht
Passend zum Schulstart nach dem Sommerferien kursiert ein offener Brief besorgter Waldorfeltern und Waldorfpädagogen aus verschiedenen Schulen: Der Bund der Freien Waldorfschulen möge sich gegen die in NRW bestehende Maskenpflicht für Schüler*innen engagieren. Diese würde Kinder nicht schützen, sondern krank machen, sie verängstigen und in ihrer spirituellen Entwicklung stören.
„Wir fordern daher den Bund der Freien Waldorfschulen auf, sich öffentlich dazu zu positionieren und auf der politischen Ebene gegen die Maskenpflicht an Schulen vorzugehen.“ (Offener Brief von Eltern und Lehrer freier Waldorfschulen in Nordrhein-Westfalen an den Bund der Freien Waldorfschulen, Krefeld, 10.08.2020)
Die Argumentation der Waldörfler ist bekannt: Es sei nicht bewiesen, dass Masken gegen das Corona-Virus schützten oder ob Schüler überhaupt ein Infektionsrisiko darstellen; dafür gebe es keine Belege. An den Kindern werden eine nicht hinnehmbare, „unfreiwillige Feldstudie“ durchgeführt. Sie sollten besser aus spiritueller, nicht aus rein „materieller“ Sicht gesehen werden – sonst drohten sogar Angststörungen.
In der Biodynamik, einer pseudowissenschaftlichen landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise nach dem Hellseher Rudolf Steiner betreibt man „Forschung“ durch esoterische Tänze um den Salatkopf – gefördert von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
„Der Verein „Kultursaat“ züchtet Gemüse mit Charakter – auf unkonventionelle Art und Weise, wie Agraringenieurin Christina Henatsch bewegt zeigt. (…)
„Quarz und Kuhmist werden in Hörnern in der Erde vergraben und nach einer gewissen Zeit in homöopathischer Verdünnung auf den Feldern ausgebracht.“ Dadurch, so das Ziel, können sich die Pflanzen besser mit dem Kosmos verbinden, denn „auch der trägt einen wesentlichen Teil zum Gedeihen der Sämlinge bei“. (…)
„Ich betreibe ganzheitliche Grundlagenforschung“, so Henatsch. „Ich möchte Verständnis für das Wesen und die Eigenschaften einer Pflanze entwickeln. Ich untersuche auch, ob besondere Behandlungen Merkmale verändern können.“ Bei Christina Henatsch sind es eurythmische Gesten überm Brokkoli, die besondere Kräfte heranrufen und der Pflanze beim Wachstum helfen sollen.“ (Lübecker Nachrichten)
Kinderärzte warnen in einem offenen Brief an die NRW-Schulministerin: Schreckliche gesundheitliche Probleme drohen über unsere Kinder hereinzubrechen: Ihre Entwicklung ist in Gefahr, ihr Immunsystem leidet, sie werden geschwächt und verängstigt. Es drohten sogar Zwangsstörungen!
Wir müssen dringend eines der größten gesundheitlichen Probleme unserer Zeit in den Griff bekommen:
Ausbilder für Waldorfpädagogen leugnet Rechtsextreme und Reichsflaggen bei Berliner Corona-Demos. Sollten Rechtsradikale mitgelaufen sein, störe ihn das nicht, sagt der Anthroposoph
Christoph J. Hueck ist eine gut vernetzte Figur der deutschen Anthroposophie, der esoterischen Weltanschauung des Hellsehers und Okkultisten Rudolf Steiner. Er war Geschäftsführer und Lehrer einer Waldorfschule, Professor an einer anthroposophischen Hochschule und ist Dozent für Waldorfpädagogik. Zudem ist Hueck Redakteur der anthroposophischen Zeitschrift Die Drei sowie Mitbegründer der Akanthos-Akademie für anthroposophische ‚Forschung‘.
Im Hessischen Rundfunk trat der Anthroposoph erst kürzlich als Verteidiger seines hellsichtigen Gurus Rudolf Steiner auf. Der sei wegen „rassistischer und antisemitischer“ Aussagen „immer wieder in der Kritik“, so „hr2“. Hueck jedoch verharmloste den Rassismus Steiners – den die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bereits 2007 amtlich bescheinigt hatte – als „zeitgebundene“ und vereinzelte Äußerungen.
Rudolf Steiner soll also nicht rassistischer gewesen sein, als andere Zeitgenossen auch. Und auch bei den Querfront-Demonstrationen von Stuttgart bis Berlin, in denen der einflussreiche Anthroposoph teils selbst als Redner auftrat, konnte Hueck keinen Rassismus erkennen.
Handelt es sich um eine Schwarz-Weiß-Rot-Sehschwäche?
Führer einer rechtsextremen Bewegung verbreitet Thesen des Hellsehers Rudolf Steiner: In einer Kochshow kritisiert er die Ernährung mit „ausländischen“ Kartoffeln. Der Anthroposophie-Gründer befand, dass Kartoffeln dumm machen.
Inszenierte „Selbstverharmlosung“: Neuerdings tritt der Führer einer vom Verfassungsschutz beobachteten völkischen Bewegung in einer eigenen, locker-sympathisch inszenierten Koch-Show auf. Der Österreicher gilt als Führungsfigur innerhalb der neuen europäischen Rechtsextremen.
Kartoffeln werden in der Youtube-Show jedoch nicht gekocht: Als Beilage zum Gericht „Wiener Schnitzel mit steirischem Endiviensalat“ lehnt der Aktivist die Kartoffelknolle ab. Ein Grund: sie komme „aus dem Ausland“ und sei „nicht gut für Mitteleuropäer“. Das habe er von einem Anthroposophen gelernt.
Private Steinerschule macht Klassenfahrt ins Corona-Risikoland Schweden – vielen Staatsschülern war das verboten. Eltern nehmen eine Quarantäne bei Rückkehr in Kauf.
Laut einem Bericht der Schweizer Zeitung „Der Bund“ befinden sich Steiner-Schüler aus dem Kanton Bern zurzeit auf Kanu-Tour durch Schweden. Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit empfiehlt zwar „definitiv nicht, in ein Risikoland zu reisen“ mit so hohen Corona-Fallzahlen. Die hohen Fallzahlen hätten die Steiner-Schule scheinbar „nicht abgeschreckt“.
Für staatliche Schulen seien zurzeit auswärtige Übernachtungen untersagt – daran sei die Privatschule aber nicht gebunden. Die Waldorfeltern hatten im Vorfeld beschlossen, eine Quarantäne ihrer Kinder bei Rückkehr in die Schweiz in Kauf zu nehmen.
Standbild „Wie gut sind Waldorfschulen?“ aus der SWR-Reihe „betrifft“, 2006
2006 zeigte eine kritische SWR-Dokumentation Missstände im System Waldorfschule auf. Noch während des Drehs wollte der Waldorf-Bund Einfluss nehmen.
„Wie gut sind Waldorfschulen?“. Der Film des Grimme-Preis-Trägers Dietrich Krauß fragt, was Waldorfschulen so attraktiv macht – und ob sie wirklich die bessere Alternative sind?
Der Film ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. In der ARD-Mediathek ist er zwar nicht zu finden, seit kurzem kann man ihn aber im Video-Portal YouTube sehen (Teil 1/3 | Teil 2/3 | Teil 3/3).
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Dokumentation „Wie gut sind Waldorfschulen?“ aus der SWR-Reihe „betrifft“, 2006 Auf Youtube: Teil 1/3 | Teil 2/3 | Teil 3/3
Der Bund der Freien Waldorfschulen hatte noch während der Entstehung des Films versucht, auf die Darstellung Einfluss zu nehmen. Das ist bezeichnend für den Umgang der Waldorfschule mit Kritik:
„Das Vorgehen ist jedesmal das gleiche: Sobald in einer größeren Zeitung oder einem Fernsehsender ein Beitrag über Waldorfschulen läuft, der nicht ausschließlich affirmativ berichtet, setzt die Dachorganisation der Waldorfschulen alle Hebel in Bewegung, die Berichterstattung zu unterbinden oder, falls sich dies als unmöglich erweist, die betreffenden Journalisten zu diffamieren.„ (Gunnar Schedel, „Waldorfschulen gegen Informationsfreiheit„, Humanistischer Pressedienst, 2007)
Die gut recherchierte Dokumentation bietet ungewohnte Einblicke in das System Waldorfschule. Es ist an der Zeit, sie noch einmal ausführlich zu besprechen.
Nach Prüfung britischer Waldorfschulen durch Schulbehörde erhielten 8 von 10 Schulen schlechte Noten, einige wurden geschlossen. Privatschule engagiert Gefängnis-Inspektorin für Neuanfang
Die britische Schulbehörde OFSTED hatte im Januar 2019 beschlossen, die Waldorf – bzw. Steiner-Schulen des Landes einer qualitativen Prüfung zu unterziehen. Die Ergebnisse waren für die esoterische Privatschule ein Supergau: 8 von 10 Schulen erhielten eine schlechte Bewertung, die Hälfte der Schulen gilt sogar als komplett „unzureichend“. Einige Schulen mussten daraufhin schließen.
Als Kritikpunkte wurden vor allem die fehlende Sicherheit von Schülern, die unzureichende Qualität des Unterrichtes und der Leistungen der Schüler sowie die schlechte Führung vieler Schulen benannt.
Bei den Demos gegen Corona-Maßnahmen bildet sich eine Querfront aus Linken und Rechten, Verschwörungsideologen und Esoterikern. Zunehmend sind Anthroposophen und ihre Waldorfschulen dabei aktiv
Vermehrt beteiligen sich Anthroposophen an Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. Die Demonstrationen wehren sich gegen einen ihrer Meinung nach unzulässigen Eingriff in ihre Grundrechte, gegen angeblich unsinnige oder unnötige Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen oder gegen angeblich bevorstehende Zwangsimpfungen.
Die Anthroposophie ist dabei Teil einer Querfront von politisch linken, wie rechten, esoterischen und verschwörungsgläubigen Demonstranten. In einigen Städten wurden Demos direkt von Waldorfschulen oder aus dem Umfeld der Waldorfschulen organisiert.
Mit den auf diesen Demos maßgeblich lautstark vertretenen rechtsextremen Kräften haben einige der anthroposophischen Esoteriker keine Berührungsängste – man sei vereint im Kampf gegen „Eliten“, Politik, Wissenschaft und Presse. Als Redner treten Waldorf-Funktionäre wie beispielsweise Schul-Vorstände, Waldorflehrer_innen oder Ausbilder der esoterischen Privatschulen auf.
Auf den Demonstrationen hört man: Die Corona-Pandemie existiere nicht, Maßnahmen dagegen seien „Gesundheitsfaschismus“. Die Medien verbreiteten Lügen, Massenhysterie oder seien „faschistoid“. Auch wird Widerstand gegen den Staat laut: Wegen des gefühlten Entzugs sämtlicher Bürgerrechte kann sich mancher sogar eine „Revolte“ vorstellen. Waldorflehrer_innen würden verfolgt wie die Juden im Dritten Reich.
Anthroposoph_innen, Waldorfpädagog_innen und das Waldorf-Umfeld beteiligten sich an Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen in Aalen, Berlin, Biberach, am Bodensee, in Bremen, Chiemgau, Cottbus, Düsseldorf, Eckernförde, Ehningen, Frankfurt, Freiburg, Görlitz, Halle, Hamburg, Hamm, Holzgerlingen, Kiel, Köln, München, Münster, Oldenburg, Regensburg, Salem, Schopfheim, Stuttgart, Tübingen, Ulm, Überlingen, Weimar, Wien und anderen Städten.
Der bisher traurige Höhepunkt: Die anthroposophische Heilpraktikerin und Waldorfmutter Tamara K. mobilisierte mit ihrer Hetzrede am 29.08.2020 vor dem Deutschen Reichstag zum „Sturm“ auf das Gebäude. Daraufhin durchbrachen wütende Demonstranten die Absperrungen und mussten von der Polizei aufgehalten werden.
Der Religionswissenschaftler und Waldorf-Kritiker Ansgar Martins hält den Streit in der Anthroposophie-Szene für noch nicht entschieden. Zu den Verbindungen von Waldorfschulen und Corona-Kritik sagte er den Stuttgarter Nachrichten:
„In der Anthroposophie erschafft das Bewusstsein die Welt. Dazu passt die Idee, dass ein Mensch das Coronavirus magisch anzieht, wenn er Angst davor hat. Was ebenfalls eine Rolle spielt, ist der Glaube an Karma oder der Gedanke, dass der Tod nur der Übergang ist in eine geistige Welt. Harte Impfgegner oder Corona-Verharmloser reden die Krankheit schön, während sie die Therapie verteufeln. Diese Haltung ist nicht nur in der anthroposophischen Szene beheimatet, sondern lässt sich bei vielen Esoterikern feststellen.“ (Ansgar Martins, „Streit in der Szene ist noch nicht entschieden„, Stuttgarter Zetigung, 23.11.2020)
Beim Bund der Freien Waldorfschulen ist das Problem bekannt. Der Vorstandssprecher:
„Ich kenne etliche Beispiele dafür, wie Menschen aus dem unmittelbaren Waldorfumfeld sich mit rechtsradikalen, knallhart verschwörungsmythischen und teilweise extrem aggressiven Äußerungen in die Debatte eingeschaltet haben.“ (Henning Kullak-Ublick in „taz – die tageszeitung“ – „Waldorfschulen und Corona„, 04.12.2020)
Den Grund dafür sieht Kullak-Ublick weder in der Anthroposophie noch ihrer Waldorfpädagogik.
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