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Corona-Mythen aus der Anthroposophie

Genau wie die Anthroposophische „Medizin“ nach dem Hellseher Rudolf Steiner hilft eine Papiertüte auf dem Kopf nicht gegen das Corona-Virus

Über die Entstehung des Corona-Virus und seine medizinische Behandlung kursieren zahlreiche Mythen, Verschwörungstheorien und dreiste Erfindungen. Einige davon stammen direkt aus der esoterischen Glaubensgemeinschaft der Anthroposophie, die auf dem österreichischen Hellseher Rudolf Steiner basiert.

Die Anthroposophie ist insbesondere bekannt durch ihre esoterischen Waldorfschulen, die astrologische Anbaumethode „Bio-dynamik“ nach Demeter und die hellseherisch begründete, pseudowissenschaftliche „Anthroposophische Medizin„.

Mit Aussagen wie „Corona entsteht durch 5G“ oder „Globuli schützen gegen Viren“ erdreisten sich die Esoteriker, die grassierenden Fake News zur Corona-Krise mit ihren eigenen Thesen weiter zu befeuern.

Mehr und mehr werden die wirren Thesen der Anthroposophen auch auf die Straße getragen. Bei den Querfront-Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen finden sich neben Verschwörungsideolog*innen und Rechtsextremist*innen auch mehr und mehr Anthroposoph*innen.

Hier lest ihr unter anderem:

  • Anthroposophischer Mediziner in USA: 5G verursacht Corona
  • Anthroposophische Mediziner in Deutschland: Globuli gegen Corona
  • Zentrale anthroposophischer Medizin: Planeten verursachen Pandemien
  • Waldorfschule: Eurythmie gegen Corona
  • Waldorfkindergarten: Corona wegen Karma
  • Waldorf-Ausbilder: Corona-Virus ist harmlos
  • Waldorf-Magazin: Gegen die Corona-Panikmache
  • Anthroposophische Universität: Corona-Skepsis und Impfgegnertum
  • Waldorfschule Jena klagt erfolgreich gegen Maskenpflicht
  • Anthroposophische Medizinerin: Freiheitsrechte in Gefahr
  • Waldorf-Zeitung veröffentlicht wirren Mix aus Corona- Verschwörungen
  • Anthroposophische Zeitschrift gegen „Mainstreammedien“
  • Bioladen: Corona-Mythen mit Demeter-Siegel
  • Anthroposophie bei den Querfront-Demonstrationen
  • Institut für Soziale Dreigliederung verbreitet Verschwörungstheorien

USA: Anthroposophischer Mediziner behauptet, Corona wird durch 5G verursacht

Foto: Thomas Cowan im Vortrag: „Rudolf Steiner: Das Virus und die Elektrifizierung der Erde.“

In der pseudowissenschaftlichen „Anthroposophischen Medizin“ nach dem Hellseher und Okkultisten Rudolf Steiner grassieren verschiedene Verschwörungsmythen rund um das Coronavirus.

Laut Thomas Cowan, dem ehemaligen Vize-Chef des US-amerikanischen Verbandes anthroposophischer Ärzte, Physicians Association for Anthroposophical Medicine (PAAM), ist das 5G-Mobilfunknetz der Verursacher des Coronavirus.

In seinem Vortrag „Rudolf Steiner: Das Virus und die Elektrifizierung der Erde“ . macht er Funktechnik für alle großen Pandemien seit der Spanischen Grippe im Jahre 1918 verantwortlich. Das Video wurde von Youtube inzwischen gesperrt, da es gegen die Community-Richtlinien verstößt.

Seine These lautet in Anlehnung an den Bazillen-Leugner Rudolf Steiner: Viren seinen nichts anderes als die „Ausscheidungen“ kranker Zellen. Krank würden Zellen durch die „Elektrifizierung“ der Welt, durch Funkwellen, Radar, Satelliten, WLAN und den neuen Mobilfunkstandard „5G“.

Jede Pandemie der letzten 150 Jahre, so Cowan, wäre durch die „Elektrifizierung der Welt“ entstanden:

In every pandemic in the last 150 years, there was a quantum leap in the electrification of the earth. In 1918 (late fall of 1917) there was the introduction of radio waves around the world. Whenever you expose any biological system to a new electromagnetic field, you poison it, you kill some, and the rest go into some kind of suspended animation.“ (Thomas Cowan)

Das Fazit des anthroposophischen Mediziners: Auch die Corona-Pandemie werde verursacht durch das 5G-Handynetz. In der chinesischen Stadt Wuhan sei das Coronavirus zuerst aufgetreten, weil Wuhan das erste Testgebiet mit flächendeckendem 5G-Netz gewesen sei:

“Anyone want to make one guess as to where the first completely blanketed 5G city in the world was? (Das Publikum antwortet: “Wuhan!”) Exactly!“ (Thomas Cowan)

Dieser Verschwörungsmythos gilt als widerlegt und wurde unter anderem im „Faktencheck“ der Presseagentur DPA behandelt: Weder gibt es einen zeitlichen Zusammenhang, noch war Wuhan die erste oder einzige Region mit einem 5G-Mobilfunknetz.

Seine These rundet Cowan mit ein wenig Impfgegnertum ab: Impfungen verstärkten das Risiko für Corona. In Impfungen sei Aluminium enthalten, das Metall im Körper mache diesen anfällig für „elektromagnetische Felder“ – welche wiederum Corona auslösten:

So if you start injecting aluminum in people, they become receptors for absorbing increased electromagnetic fields. And that is a perfect storm for the kind of deterioration of the species – which is what we´re now experiencing.”

Link: Das 10-minütige Video beschreibe ich ausführlich unter Anthroposophie.blog: „Anthroposophischer Mediziner: Ursache für Corona ist 5G


Deutschland: Führender Anthroposophischer Mediziner rät zur Einnahme von Globuli zur Corona-Vorbeugung

In einem Artikel für die anthroposophische „Freie Hochschule für Geisteswissenschaft Goetheanum“ empfiehlt Georg Soldner homöopathische Globuli zur Vorbeugung gegen das Coronavirus.

Herr Soldner ist einflussreicher anthroposophischer Arzt und stellvertretender Leiter der „Medizinischen Sektion“ des Goetheanums, der Schweizer Anthroposophie-Zentrale.

Seine These: Corona ist die Rache für das von Menschen verursachte Tierleid:

„Wir fügen den Tieren gegenwärtig unsägliches Leid zu (..) Kann dieses Leid zu Konsequenzen führen, die Viren verändern, welche im tierischen Organismus heimisch sind? Wir sind gewohnt, nur die körperliche Ebene zu betrachten und sie meistens getrennt von der seelischen zu sehen.“ (Georg Soldner)

Eine Anfälligkeit für Corona resultiere auch daraus, dass dem Menschen seine eigene Leiblichkeit fremd geworden sei:

„Je mehr ein Mensch nun in der Situation ist, dass ihm das Leibliche fremd wird, desto anfälliger ist er für diese Viruserkrankung (..) Je weniger ich in meinem Körper präsent bin, je weniger er…ganz von mir durchdrungen ist, desto leichter kann sich die Infektion…ausbreiten.“

Für die anthroposophische „Medizin“ ist der Mensch ein kosmisches Wesen, aus dem Kosmos stammend und eng mit diesem verbunden. Soldner rät daher dazu, sich mehr mit dem Kosmos zu beschäftigen und sich der „Sonne zuzuwenden“. Als Vorbeugung gegen eine Virus-Infektion rät er zur Einnahme von Globuli aus „Lichtsubstanzen“ wie „potenziertem Phosphor“ und kosmischem „Meteoreisen“:

Hilfreich: Verbindungen zum Kosmos stärken, Meteor-Globuli einnehmen

„… Pflege [einer] aktiven Beziehung zur Sonne. (…) Mittags ins Freie gehen, sich… ganz elementar mit dem Kosmos verbinden.“ „Potenzierter Phosphor und entsprechend potenziertes Meteoreisen morgens können als Lichtsubstanzen ebenfalls die Abwehrkraft unterstützen.“

Diese „Lichtsubstanzen“ stärkten die Lunge, die in der anthroposophischen „Medizin“ als kleine Abbild der Erde gilt. Die Lunge würde vor allem geschwächt durch mangelnde Spiritualität und unverarbeitete soziale Spannungen:

„Was schwächt die Lunge? Dazu zwei Dinge: mangelnde Beziehung zur Erde und zur Sonne sowie soziale Spannungen.“

Die empfohlenen Globuli aus den kosmischen Meteoren sind praktischerweise von der anthroposophischen Firma Wala zu beziehen: Als „Meteoreisen Globuli velati„.


Zentrale der Anthroposophischen „Medizin“: Pandemien entstehen durch Planetenkonstellationen

Herr Markus Sommer von der ‚Medizinischen‘ Sektion der Schweizer Anthroposophie-Zentrale „Goetheanum“ hat dazu mehrere Artikel hervorgebracht. Darin: Natürlich wusste der Gründervater und Hellseher Rudolf Steiner schon vor 100 Jahren Rat – auch zur aktuellen Covid19-Problematik.

Schon die Spanische Grippe sei entstanden durch „kosmologische Aspekte“: Die Stellung von „Mars, Jupiter, Saturn“ störte angeblich den „Kopf-Brust-Rhythmus“: „Das könne zur Entstehung „epidemischer Krankheiten“, insb. Grippe beitragen“, so Steiner.

Vorsicht vor Handy und Co.: Den gestörten Rhythmus in Einklang bringen? Einfach! „Elektronische Medien“ bitte nur noch „rhythmisiert“ benutzen also mal ausschalten! Viele Anthroposophen lehnen Smartphones und digitale Technik mit haarsträubenden Erklärungen ab. Ein grundlegendes Problem bei Corona sei auch:

Planetenkonstellationen rufen Pandemien hervor: Bei den ersten #Covid19-Erkrankungen in Wuhan standen „Jupiter, Saturn und Pluto beieinander“, Mars „im selben Quadranten“! Schockschwerenot! Ja, von solchen Dingen müsse man „ein Bewusstsein entwickeln“, wusste schon der Guru Rudolf Steiner.

https://vaeps.ch/wp-content/uploads/2020/04/2020_Artikel-Markus-Sommer-St%C3%A4rkung-des-eigenen-Immunsystems.pdf

Eurythmie helfe gegen Corona: Zur Stärkung tanze man morgens 10x die Buchstaben der Liebe (E), Hoffnung (U) und Verehrung (A). Das stärke die Abwehr, „erwärme“ das Atemsystem und „stabilisiere“ nicht näher benannte „Rhythmen“. Danach sollte man die aus Waldorfschulen bekannte „Pfirsichblüt“-Meditation durchführen.

Auch gibt es Ernährungstipps zur Virenabwehr: Bitteres essen, Süßes meiden, Kapuzinerkressen kauen. Salben und Öle von anthroposophischen Firmen wie Wala und Weleda kaufen (Merke: Das gilt generell immer). Sonnenhut (Echinacea) könne das Virus „inaktivieren“. Eine entsprechende Lutschpastille genügt!

Stärken Sie auch innere „Lichtkräfte“, durch Einnahme von kosmischen Globuli aus anthroposophischer Produktion! Zur „Prophylaxe“ nehme man:

„Meteoreisen, Quarz und Phosphor, die darin potenziert enthalten sind, stärken die inneren Lichtkräfte.“ (Medizinische Sektion am Goetheanum, 2020)

Die speziellen anthroposophischen Wala-Kügelchen aus kosmischen Meteoren helfen also gegen kosmische Krankheiten.

Zum Ausklang gibt es ein wenig Karma-Lehre:

„Es hilft, wenn man sich verdeutlicht, dass uns nichts grundlos begegnet (..).“ (Markus Sommer, Goetheanum, 2020)

Sommers Fazit: Befasst euch mit unserer Herkunft aus dem Kosmos! [Anmerkung: Unser Landeplatz auf der Erde war laut Anthroposophie übrigens auf der versunkenen Insel Atlantis.]


Bund der freien Waldorfschulen rät zu „Notfall-Waldorfpädagogik“ und Eurythmie-Tänzen

Auch der anthroposophische „Bund der freien Waldorfschulen“ verbreitet auf seiner Webseite in einer eigenen „Corona FAQ“ die Thesen Soldners, rät also ebenso zu Globuli gegen Corona. Außerdem verlinkt man auf entsprechende anthroposophische Literatur:

In den Literatur-Tipps findet sich der Rat der Leiter der medizinischen Sektion der Anthroposophie, Matthias Girke und Georg Soldner. Soldner gilt als strikter Impfgegner und hatte kürzlich Kritikern der „Alternativ“-Medizin „Kreuzzüge“ und „Inquisition“ und indirekt auch Nazi-Methoden vorgeworfen: „Andersdenkende“ sollten „ausgeschalten“ werden.

In Bezug auf das Coronavirus raten Soldner und Girke, Mensch und Natur wieder „ins Gleichgewicht zu bringen“ und sich des „gemeinsamen kosmischen Ursprungs“ bewusst zu werden:

„Wir können auf Dauer nicht nur Krieg gegen Krankheiten und Krankheitserreger führen, so wertvoll diese Kompetenzen sind – wir müssen mit gleicher Kraft daran arbeiten, uns Menschen zu stärken und das Gleichgewicht von Mensch und Natur im Lichte unseres gemeinsamen kosmischen Ursprungs zu gewinnen.“ (Matthias Girke und Georg Soldner, „Gemeinsam für das Leben – in Pandemie und Ökologie“, Goetheanum, März 2020)

Auch die Waldorfschule verlässt sich natürlich auf eigene, esoterische Methoden, um sich gegen die Virus-Pandemie zu wappnen: Eurythmische Erzengeltänze.

Sie empfiehl einer Reihe von Videos des anthroposophischen „Parzival-Zentrums“, das spezielle Notfall-Waldorfpädagogik anbietet.

In einem Video zeigt eine Trauma-„Pädagogin“, wie man sich gegen Viren mit knallharten Eurythmie-Tänzen abhärtet.


Vereinigung der Waldorfkindergärten: Infektionskrankheiten entstehen durch Karma oder Standeshass

Auch die deutschen Waldorfkindergärten bieten Informationen zum Corona-Virus an. Auf ihrer Internetseite heißt es unter anderem:

„Wer täglich z. B. mit der S Bahn oder mit dem Zug fahren muss, dem kann aus homöopathisch-anthroposophischer Sicht eine Vorbeugung empfohlen werden mit einem Mittel, das Phosphor in potenzierter Form enthält. Der Phosphor wirkt schützend auf Atmung und Lunge und gleichzeitig wirkt er gegen die Angst. Es kommen in Frage: Infludo (Weleda), Meteoreisen/Phosphor/Quarz (Wala), Gripp-Heel (Heel) oder Nisylen (DHU).“ („Rundbrief zur Anthroposophie“ von Friedwart Husemann auf Waldorfkindergarten.de)

Auch hier wird wieder esoterisch-übersinnlich argumentiert und wieder einmal ein Zitat des Hellsehers Rudolf Steiner bemüht. Infektionskrankheiten wären unter anderem durch das Karma bedingt oder durch „Standeshass“ hervorgerufen.

„Dann zu den spirituellen Hintergründen. R. Steiner hat an vielen Stellen seiner Vorträge zu den Ursachen von Infektionskrankheiten sich geäußert: aus der Sicht der Widersachermächte, karmisch, soziologisch, kollektive Ängste, Standeshass, diätetische Maßnahmen, innere Haltung des Erkrankten usw. Sie finden die entsprechenden Stellen in der Broschüre „Epidemien“ ISBN 978-3-7274-4901-7, erschienen im R. Steiner Verlag.

Unser physischer Leib besteht aus Hoffnungskräften. Nicht nur Atome und Moleküle setzen unseren physischen Leib zusammen, sondern unser physischer Leib wird für den Tieferblickenden durch die Hoffnung zusammengehalten!“


Waldorf-Ausbilder verbreiten Verschwörungsmythen über das Coronavirus

Auch Einzelpersonen aus der anthroposophischen Waldorfbewegung verbreiten Verschwörungsmythen über Corona: Hier ist es der Stuttgarter Anthroposoph, Waldorflehrer und Dozent für Waldorfpädagogik, Prof. Dr. Christoph Hueck. Hueck ist unter anderem Redakteur der Zeitschrift Die Drei, Mitbegründer der AKANTHOS-Akademie für anthroposophische Forschung und Entwicklung.

Hueck schreibt Gastbeiträge für die Hauszeitung der Waldorfschulen, „Erziehungskunst„, unter anderem über die Erlangung hellseherischer Fähigkeiten („Geistiges schauen„).

Auf der „Querdenken„-Demonstration in Stuttgart im Mai 2020 verharmlost er laut dem vor Ort recherchierenden Journalisten Markus Pfalzgraf die Gefahr des Virus und spricht sich gegen eine Impfung aus:

Die Demonstrationsteilnehmer seien laut dem Südwestdeutschen Rundfunk „Impfgegner, Rechtspopulisten, Reichsbürger und Rechtsextreme„.

Das Video seiner Rede gibt es bei seiner anthroposophischen „Akademie„, Zitat: „Ich bin in der Ausbildung von Waldorfpädagogen, deswegen bin ich trotzdem kein Verschwörungstheoretiker„, gefolgt von dem Aufruf zum „selbstständigen Denken„, der unter Verschwörungsmultiplikatoren gerade sehr angesagt ist. „Es ist überhaupt nicht so, dass alle krank werden“ und „Wenn wir ein gutes Immunsystem haben, dann kann uns das Virus überhaupt nichts ausmachen„, so Hueck unter großem Applaus.

Im weiteren verbreitet er unter anderem: Beweise für eine Verstrickung von Bill Gates in die Thematik Corona und Zwangsimpfungen seien aus einem beweiskräftigem Video „herausgeschnitten worden„.

Christoph Hueck trat auf bei Querfront-Demonstrationen in Stuttgart (06.05. und 30.05.2020), in Salem (06.06.2020) und in Tübingen (13.06.2020).


Wittener Waldorf-Ausbilder aus verbreitet Verschwörungsmythen

Auch Kollegen Huecks aus dem Bereich der Waldorflehrer-Ausbildung verklären oder verharmlosen öffentlich die Corona-Krise: Hier der Waldorf-Ausbilder und Leiter des Fachbereichs Eurythmie am Institut für Waldorfpädagogik Witten/Annen Stephan N. Auf seinem Facebook-Account teilte er Verschwörungsmythen. (Nachtrag 08.09.2020: Die gezeigten Posts sind mittlerweile gelöscht)


Waldorf-Hausmagazin „Erziehungskunst“: Gegen die Corona-„Panikmache“

Das für seine esoterischen Totalausfälle bekannte Hausmagazin der Waldorfschulen „Erziehungskunst“ hat eine Auflage von rund 70.000 Exemplaren. Alle Waldorf-Eltern bekommen die anthroposophische Postille kostenlos zugeschickt.

In der Online-Ausgabe von März 2020 durfte der umstrittene Arzt Wolfgang Wodarg in einem Artikel mit dem Titel „Lösung des Corona-Problems: Panikmacher isolieren“ die Virus-Gefahr verharmlosen.

Wodargs Thesen: Dem von ihm benannten „Corona-Hype“ liege keine besondere medizinische Gefahr zugrunde, „beängstigend“ sei allein die Darstellung der „Medien“ – Corona aber sei nicht mehr als eine übliche Grippe.

Wir lesen von „Horrorszenarien“ und „Panik-Meldungen„, denn das Problem sei nicht das Virus, sondern Panikmacher„, die es zu isolieren gelte. Die Pandemie wird zum Nicht-Problem heruntergespielt, aufgeputscht von „sensationslüsternen Berichterstattern„.

Von Corona-Tests wird abgeraten, der Nachweis“ von Corona mehrfach in Frage gestellt. Wodarg mischt eigene Verschwörungsmythen mit ein, kritisiert das staatliche Robert-Koch-Institut und das Paul-Ehrlich-Institut, denen er vorwirft, „Politik oder Wirtschaft nach den Munde zu reden„.

Kritiker urteilen, Wodargs Aussagen „widersprächen Großteils den belegbaren Fakten„. Gehör fanden seine Thesen zuletzt in rechten und verschwörungsideologischen Medien wie bei KenFM, Rubikon oder Eva Hermann. Wodarg wurde bekannt, weil er den Medizin-Hochstapler und gelernten Postboten Gert Postel als Amtsarzt einstellte.

Der Artikel im Waldorf-Magazin und die dazu gehörige Forums-Diskussion wurden inzwischen (05/2020) kommentarlos gelöscht, genau so wie eine Kopie des Artikels beim anthroposophischen Info3-Verlag. Der Artikel findet sich aber noch im Google Cache und bei Archive.is.

Einige Aussagen Wodargs aus dem Artikel hat der Anthroposophie.blog-Gastautor @whenhurtsreal auf Twitter veröffentlicht:

„Herr Wodarg verbreitet aber nachweislich fehlerhafte Infos. Er legt ohne Quellen anzugeben Fakten fest, behauptet die Vogelgrippe sei nicht vorhanden gewesen, obwohl der Subtyp H7N9 eine Letalität von 40% bei den Infizierten in China aufwies.“ (@whenhurtsreal)


Anthroposophische Universität: Arbeitsgruppe kritisiert Corona-Maßnahmen, befeuert Impf-Angst

An der ersten anthroposophische Privatuniversität veröffentlichte eine Arbeitsgruppe im Mai 2020 eine „Stellungnahme zur Situation von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie 2020, pädagogisch-medizinische Arbeitsgruppe Witten/Herdecke„.

Darin ist die traditionell Impfungen gegenüber ablehnend eingestellte Glaubensgemeinschaft voll der Argumentationslinie von Verschwörungsideologen. Zuerst fand ich diese „Stellungnahme“ passenderweise auf einer Impfgegner-Webseite.

Impfungen seien unsicher, die grassierende Angst sei im Grunde schlimmer als das Virus – und die Schutzmaßnahmen helfen nicht, sondern machten die Menschen erst recht krank. Schulen sollten geöffnet und unnötige Hygienemaßnahmen unterlassen werden.

Die anthroposophischen „Mediziner“, Pädagogen und sonstigen unterzeichnenden Glaubensbrüder- und Schwestern reihen sich hier ein in die Argumentation der rechts-esoterischen Querfront, die sich dieser Tage zu zehntausenden auf deutschen Plätzen versammelt hat, um gegen die Lebenseinschränkungen durch das Coronavirus anzubrüllen. Tenor: „Freiheit!“, „Wir sind das Volk!“ und „Denkt denn keiner an die Kinder?“.

Die Grundzüge sind typisch anthroposophisch, insbesondere der Erfolg und die Sinnhaftigkeit von Impfungen wird klein geredet:

„Wir sind beherrscht von Angst und dem Glauben, dass nur ein Impfstoff uns retten könnte!“

Es folgen Impfgegner-Positionen wie „Eine Impfung fördert nicht die Gesundheit“ (ein Argument, dass so dumm wie unredlich ist), die Effektivität des noch nicht existente Impfstoffes wäre „sehr unsicher“ und der Stoff selbst von „geringer Sicherheit“ (womit man ihn bewusst schlecht redet, bevor er überhaupt auf dem Markt ist) und die Impfung wäre „nicht zu 100% wirksam“ (so wie es kein medizinisches Verfahren der Welt sein kann). Anthroposophische Impfgegner schüren vorbeugend schon einmal Angst vor einer Impfung, die es noch gar nicht gibt.

Auch wird der Mythos „Lockdown“ bemüht, einer kompletten Ausgangssperre, die es de facto in Deutschland nicht gibt. Das Argument dient allein der Dramatisierung der Situation.

Die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus würden im Gegenteil die Menschen mehr gefährden, als dass sie nutzen würden:

„Lebensumstände das Immunsystem durch fehlende Nähe, Einsamkeit, existenzielle Not, Angst und Depression.“

Die Esoteriker beharren darauf, dass das Virus für Kinder „ungefährlich!“ ist – und das zu einer Zeit, wo es ernst zu nehmende Berichte über eine tödlich verlaufende Krankheit bei Kindern gibt, welche im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen könnte (Tagesschau: „Kawasaki-ähnliches Syndrom: New York rätselt über tödliche Kinderkrankheit„)

„Wer ist eigentlich gefährdet oder gefährlich in der Corona-Pandemie?
Kinder und Jugendliche sind beides nicht!“

Würde man Kindern vermitteln, sie könnten mit ihrer Erkrankung andere anstecken, würde man ihnen „Verantwortung für Leben und Sterben ihrer Mitmenschen aufbürden“ und riskiere bei ihnen eine „Beziehungsstörung„. Dass Kinder zwar seltener erkranken, aber trotzdem infektiös und damit gesundheitsgefährdend für ihr Umfeld sein können, lassen die Anthroposophen leider außer Acht.

Natürlich darf auch die esoterisch begründete Technikfeindlichkeit nicht fehlen: „Undifferenzierte“ und plötzlich scheinbar „zwingender“ Umgang mit digitalen Unterrichtsmethoden sei „verheerend“. „Negative Auswirkungen“ durch Gebrauch der verhassten „digitalen Medien“ sollen unbedingt vermieden werden. Hintergrund: Medienexperten und Autoren der Waldorf-Bewegung nennen die Arbeit mit digitalen Medien gerne schon einmal „Sklaventum“, „Zwangsdigitalisierung“ oder „Medienfaschismus“.

Man fordert als Fazit, Schulen und Kindergärten schnell wieder zu öffnen, Angst- bzw. Panikmache zu unterlassen und digitale Medien zu meiden. Man solle zwar Hygienemaßnahmen einhalten – aber eben auch, „unnötige Hygienestrategien“ besser „vermeiden“. Eine vorgeblich „natürliche“ Immunisierung sei das Gebot der Stunde.

Gefährliche Forderungen: Kinder sollen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen und es solle „Keine Oberflächendesinfektion in Schulen und zuhause“ geben. Und besonders wichtig: Keine Abstandsregeln für Kinder! Es scheint für diese „medizinische“ Arbeitsgruppe ein Grundrecht der Eltern zu sein, ihre Kinder nach Gutdünken infizieren zu dürfen.

Ein Bonus in Sachen Glaubwürdigkeit: Als Quellen für die teils abstrusen Thesen geben die Pseudomediziner unter anderem private Webseiten bzw. Blogs und den Fernsehsender N-TV an.


Waldorfschule Jena klagt gegen Maskenpflicht: Kinder seien keine Virenschleudern

Waldorfschulen gehörten zu den ersten, die sich vehement gegen eine Maskenpflicht aussprachen. So hatten die Waldorfschule und Waldorf-Kita in Engelberg schon sich bereits Mitte Februar 2020 mit Anwalt und Schularzt an die Presse gewandt: Man wolle nicht „Polizei“ spielen.

Die erste Klage gegen die Maskenpflicht in Deutschland kam folgerichtig aus einer Waldorfschule. Die Schule in Jena klagte gegen die Verpflichtung für Thüringer Schüler, im Unterricht Mund-Nasen-Masken tragen zu müssen. Das wäre nach Ansicht des Geschäftsführers sinnlos und diskriminierend:

„Es sei nicht zu erkennen, dass die Ansteckungsgefahr über Viren in der Luft in Jena höher sei als andernorts in Thüringen, erklärte der kaufmännische Geschäftsführer Peter Häuser am Montag auf Anfrage. Die Stadtverwaltung müsse aufhören, Kinder nur als Virenschleuder zu sehen.“ (InSüdThüringen, „Schule hält an Eilverfahren gegen Maskenpflicht im Unterricht fest„, 2020)

Weiter heißt es, Waldorf-Unterricht wäre sehr „kommunikativ“ – Masken erschwerten dieses. Mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht konnte die Schule sich laut dem Mitteldeutschen Rundfunk durchsetzen: Die Jenaer Corona-Regelungen seinen unverhältnismäßig, die Waldorfschüler dürfen ohne Masken unterrichtet werden.

Auch der Bund der Freien Waldorfschulen und ihr Hausmagazin „Erziehungskunst“ berichteten über den Vorgang . Ein Herzchen gab es dafür aus dem Umfeld der Kleinstpartei „Widerstand2020“, die ein „Sammelbecken von Wissenschaftsfeinden, Verschwörungstheoretikern, Rechtspopulisten und linksesoterischen Impfgegnern“ sei, so der Soziologe Matthias Quent gegenüber dem ZDF.

Inzwischen hat sich die frühe Einführung einer Maskenpflicht in Jena als Goldrichtig herausgestellt. Der Merkur schreibt unter dem Titel „Corona-Maskenpflicht: Vorreiter Jena als Positivbeispiel für ganz Deutschland„:

Die kreisfreie Stadt Jena in Thüringen hatte als erste deutsche Stadt bereits am 6. April einen verpflichtenden Mund- und Nasenschutz (…) eingeführt. 

Wissenschaftler beobachteten dabei „eine signifikante Kluft zwischen den Fallzahlen in Jena und der Vergleichsgruppe ohne Maskenpflicht. (…)

Klaus Wälde, Volkswirt an der Universität Mainz, kommt daher zu einem klaren Ergebnis: „Zusammenfassend kann man sagen, dass die Einführung der Maskenpflicht in den jeweiligen Kreisen zu einer Verlangsamung der Ausbreitung von Covid-19 beigetragen hat.“ (Merkur, 09.06.2020)


Homöopath und Anthroposophischer Mediziner bezweifelt krankmachendes Virus, nennt Masken schädlich

Stuttgarter Nachrichten vom 30.07.2020 – „Sind Gesichtsmasken gesundheitsschädlich?“ vom Kathrin Zinser, Bild via Twitter.

In den Stuttgarter Nachrichten vom 30.07.2020 kommt der anthroposophisch und homöopathisch tätige Arzt Michael Kehrle aus Waiblingen zu Wort, Kehlre behauptet, Gesichtsmasken schaden der Gesundheit: „Anfangs hieß es, das bringt nix, warum jetzt?“.

In einer weiteren Aussage bezweifelt er die Schädlichkeit des Virus: „Die krankmachende Potenz des Virus kann zumindest angezweifelt werden“.

Ironischerweise beklagt der esoterisch tätige Pseudomediziner eine „Unwissenschaftlichkeit“ im Umgang mit der Pandemie und rät dazu, auf den umstrittenen Mediziner Wolfgang Wodarg zu hören. Herr Kehrle unterstützt die Initiativen „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie“ sowie die „Ärzte für Aufklärung“.

Die Presse hatte bereits vorher über Kehrle berichtet, da er massenhaft Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt hatte. Die Online-Version des oben stehenden Artikels haben die Stuttgarter Nachrichten inzwischen kommentarlos gelöscht.


„Ärzte für Aufklärung“ stammen aus Alternativmedizin und der Anthroposophie

Screenshot von Tagesschau.de am 07.07.2020: „Coronavirus – Ärzte hebeln Maskenpflicht aus“

Die Tagesschau berichtete am 07.07.2020: „Ärzte hebeln Maskenpflicht aus: Bundesweit stellt eine Initiative von Ärztinnen und Ärzten nach Recherchen von Report Mainz Atteste gegen die Maskenpflicht aus – auch ohne Untersuchung.“

Bei stichprobenartigen Anfragen bei 40 der auf der Webseite der Initiative genannten „Ärzte“ antworteten 19 der angeschriebenen. Keine*r davon verweigerte die Ausstellung eines Attestes gegen die Maskenpflicht.

Die „Ärzte“ sind in Wahrheit oft medizinische Laien

Diese so genannten „Ärzte“ sind in der Regel jedoch nicht mal Ärzte. Ein großer Teil der Unterstützer, deren Namen man auf der Webseite der Initiative lesen kann, sind „alternative“ Mediziner, die, so Tagesschau, „nicht-schulmedizinische Praxen“ betreiben. Weiter:

„Führende Köpfe der Initiative vermuten hinter den Maßnahmen zur Einschränkung von Covid-19 eine große Verschwörung.“ (Tagesschau vom 07.07.2020)

Die Gruppe kokettiert mit den in der Corona-Querfront üblichen Nazi-Vergleichen. Ihr Kooperationspartner „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ hält die Pandemie-Maßnahmen gar für ein „Ermächtigungsgesetz“. Man glaubt, Corona sei quasi inszeniert, die Medien „unfrei“.

Drahtzieher ist unter anderem Dr. Walter Weber. Der stellte einst Attest aus wg „Angsterkrankung“ aus Furcht vor „schwarzer Haut“. Bodo Schiffmann kommt von der rechtslastigen Kleinstpartei „Widerstand2020“. Viele andere sind eher Verschwörungsideologen, keiner ist Virologe.

Adresse der Initiative identisch mit anthroposophischem Institut

Verantwortliche für den Auftritt der „Aufklärer“ scheint das das Institut Diogenes in Hamburg. Dort bietet man u. a. Heileurythmie und anthroposophische „Medizin“ nach Hellseher Rudolf Steiner an. Anthroposophen gehören zu vehementen Gegnern von Impfungen und Corona-Maßnahmen.

Unterstützung durch die führende anthroposophische Medizinerin Michaela Glöckler

Michaela Glöckler aus Witten auf der Unterstützerliste der „Ärzte für Aufklärung“

Unterstützer sind viele medizinische Laien wie Homöopathen und Heilpraktiker, aber auch anthroposophische „Ärzte“: Zum Beispiel Michaela Glöckler, jahrzehntelang führende europäische „Ärztin“. Heute ruft Sie zum Widerstand gegen Überwachung und Freiheitsentzug auf (siehe unten).

Es handelt sich offenbar um mehrheitlich verschwörungsideologische Aktivisten, wenige bis keine davon vom Fach. Man beruft sich auf zweifelhafte Experten, verharmlost die Nazizeit, ruft mit Kampfrhetorik zum Widerstand auf. Mittendrin findet man esoterische Alternativ-„Mediziner“ aus der Anthroposophie.


Anthroposophische Medizinerin über vermeintliche Ausgangssperren und die Totalüberwachung

Michaela Glöckler ist die führende anthroposophische „Medizinerin“: Sie war rund 30 Jahre lang die Leiterin der „Medizinischen“ Sektion am „Goetheanum“, der Schweizer Anthroposophie-Zentrale.

In einem Video-Interview zum Thema „Das Corona-Virus und unsere Gesundheitskräfte“ befeuert die Anthroposophin thematisch die stark wachsende Querfront aus Esoterikern, Verschwörungsideologen und Rechtsextremen.

Corona durch Tierleid: Frau Glöckler stellt die wirre, aber in der Anthroposophie zur Zeit beliebte, fast schon Trump-eske These auf: Das Virus sei intelligent, es habe eine Botschaft, es sei die Rache für das von uns Menschen verursachte Tierleid.

Eurythmie und Spiritualität helfen, Digitales schadet: Doch gegen das Virus könne man sein Immunsystem stark machen: zum Beispiel mit Eurythmie – und der Kommunikation mit geistigen Welten. „Virtuelle“ Welten dagegen seien zu meiden, die seien schädlich für das Gehirn.

Lock-Down-Mythos und Verschwörungsmythen: Über einen großen Teil des Interviews hinweg verbreitet die Pseudomedizinerin gefährliche Verschwörungsmythen: Es gelte in Zeiten von „Ausgangssperren“ und „Totalüberwachung“, Rückgrat zu zeigen und für „Freiheitsrechte“ zu kämpfen.

Weiterlesen?

Einen ausführlichen Artikel über das Interview findet ihr unter Anthroposophie.blog: Michaela Glöckler über Corona: Freiheitsrechte verteidigen gegen den Überwachungsstaat


Waldorf-Zeitung veröffentlicht wirren Mix aus Corona-Verschwörungen

Wie erklärt man Kindern die Corona-Pandemie?

„Unsere Zeitung“ von der Waldorfschule Sorsum findet: Mit einem Mix aus 9/11, Impfzwang und Bill Gates, Überwachungsangst, Reinkarnation und Erzengeln, Zahlenmagie, Astrologie und Hitler.

Die Waldorf-Zeitung rechnet dabei vor: Vom den Terroranschlag am 11. September 2001 bis zum 20.04.2020 (also 9/11 plus 18 plus 7 plus 9) dauerte es genau die Länge eines Mondknotens. Dieser ist bekanntermaßen ein Symbol für das Schicksal der Menschheit.

Was am 20.04.2020 war? Nichts, aber es hätte was sein können! Die Entscheidung über die Rücknahme der Abschaffung unserer Grundrechte.

Dann wird flugs noch Hitler einberechnet, ein Shutdown erfunden, Drosten gebashed, Erzengel Michael verehrt, Bill Gates beschuldigt, Impfzwang beklagt und Rudolf Steiner zitiert.

Weiterlesen?

Die gesamte Zeitung und eine ausführliche satirische Analyse dazu findet ihr unter Anthroposophie.blog – „Terror, Hitler, Corona!“.


Anthroposophische Zeitschrift gegen mediale „Einheitsfront“

Logo der anthroposophischen Zeitschrift „die Drei“

Das Druckwerk „Die Drei. Zeitschrift für Anthroposophie in Wissenschaft, Kunst und sozialem Leben“ mit ihrem Redakteur Claudius Weise tritt in sozialen Medien wie ihrem Twitterkanal oft konfrontativ auf. In anthroposophischer Tradition schreibt Weise gegen IT-Technik, Digitalisierung und 5G an oder verteidigt die anthroposophische Pseudomedizin.

Im Mai 2020 schreibt Weise bei Twitter, die Presse bilde in Sachen Corona eine „fast geschlossene Einheitsfront„, sie habe die „Hygienedemos anfangs pauschal diffamiert“ und „kritische Stimmen“ wie Wolfgang Wodarg „diskreditiert„. „Mainstreammedien“ würden „maximale Panik“ schüren.

Auch hier bedienen sich gläubige Anthroposophen einer Sprache, die von der Sprache anderer Verschwörungsideolog*innen und auch Rechtsextremist*innen nicht mehr unterscheidbar ist.


Bioladen: Corona-Mythen mit Demeter-Siegel

Auch die Anhänger anthroposophischer Landwirtschaft sind für Corona-Mythen empfänglich: Der Bamberger Ökoladen und vormalige offizielle Demeter-Partner „Schatzinsel“ verbreitete wochenlang Verschwörungsmythen in seinem Schaufenster.

Diese hängen prominent platziert neben einem großen Demeter-Logo, berichtete „taz – die tageszeitung“ am 02.06.2020.

Der Bioanbauverband Demeter hat wochenlang toleriert, dass neben seinem Logo im Schaufenster eines Bamberger Ökoladens Corona-Verschwörungsmythen verbreitet werden (…):

„Corona ist eine Inszenierung und der Shutdown war unnötig“, „Zwangsimpfen? Chips in alle Menschen? Gib GATES keine Chance. Sagt NEIN! Die 99 % Bewegung.“ (taz – die Tageszeitung, „Bioläden und Verschwörungstheorien – Coronamythen mit Demeter-Siegel„, 02.06.2020)

Bio-Verband reagiert wochenlang nicht

Der Verband war laut der taz bereits wochenlang informiert, bevor er Reaktionen zeigte. „Erst nach einer Nachfrage und zwei Wochen später distanzierte sich Demeter von den Aussagen, kündigte aber keine praktischen Konsequenzen an – auch auf mehrmaliges Insistieren nicht.„, so die taz.

Weiter analysiert die tageszeitung die Zusammenhänge zwischen Anthroposophie und Verschwörungsglauben. Verschwörungstheorien existierten in der Anthroposophie von Anfang an:

Anthroposophen sind besonders anfällig für Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Corona“, sagte der Religionsphilosoph Ansgar Martins der taz. „Verschwörungstheorien existieren in der Anthroposophie seit dem Ersten Weltkrieg, den Rudolf Steiner für eine große Verschwörung der englischsprachigen Welt und Freimaurer gegen den deutschen Volksgeist hielt. Und grundsätzlich ist die Anthroposophie impfkritisch, weil ihr zufolge Krankheit eine Entwicklungschance und nicht unbedingt per se etwas Schlechtes ist.“ Beide Stränge liefen in der Coronakrise gerade zusammen, wie Äußerungen von Anthroposophen zeigten.“ (taz)

Update: Logo wird wegen Formfehler entzogen

Auch InFranken.de berichtete am 04.06.2020 über den Vorfall. Demeter wäre die Email mit der Warnung „durchgerutscht“, später habe man sich aber gekümmert.

Der ehemalige Demeter-Partner „Schatzinsel“ soll das bisher gestattete Logo des Bio-Verbandes entfernen – weil die Nutzungsrechte durch eine zwischenzeitlich erfolgte Änderung der Satzung abgelaufen sind.

Die Flyer hängen weiter im Schaufenster.


Anthroposophie bei den Querfront-Demonstrationen

Vorstand und Lehrer der Freien Waldorfschule Görlitz Thomas B. spricht auf einer Demonstration in Cottbus, Mai 2020 über „faschistoide Propaganda“ der Staatsmedien

Bei den Demos gegen Corona-Maßnahmen der Querfront aus Linken, Rechten, Verschwörungsideologen und Esoterikern sind zunehmend Anthroposophen und Waldorfschulen aktiv – oder sogar tonangebend

Vermehrt beteiligen sich Anthroposophen an Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. Die Demonstrationen wehren sich gegen einen ihrer Meinung nach unzulässigen Eingriff in ihre Grundrechte, gegen angeblich unsinnige oder unnötige Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen oder gegen angeblich bevorstehende Zwangsimpfungen.

Die Anthroposophie ist dabei Teil einer Querfront von politisch linken, wie rechten, esoterischen und verschwörungsgläubigen Demonstranten. In einigen Städten wurden Demos direkt von Waldorfschulen oder aus dem Umfeld der Waldorfschulen organisiert.

Mit den auf diesen Demos maßgeblich lautstark vertretenen rechtsextremen Kräften sind die Esoteriker vereint im Kampf gegen „Eliten“, Politik, Wissenschaft und Presse. Als Sprecher traten Waldorf-Funktionäre wie Vorstände, Lehrer oder Ausbilder der esoterischen Privatschulen auf.

Anthroposophen beteiligten sich an Corona-Demonstrationen im Chiemgau, in Cottbus, Ehningen, Görlitz, Halle, Holzgerlingen, Oldenburg, Stuttgart, Tübingen, Überlingen, Weimar, Wien und anderen Städten.

Weiterlesen?

Anthroposophie.blog berichtet ausführlich aus diesen Städten im Artikel „Esoteriker an der Querfront“


Anthroposophisches Institut für Soziale Dreigliederung verbreitet Verschwörungstheorien

Am Institut für Soziale Dreigliederung träumt man von einem neuen Staatsystem nach Ideen Rudolf Steiners.

Der Autor Johannes Mosmann, zugleich Geschäftsführer der Freien Interkulturellen Waldorfschule Berlin, schreibt auf der Webseite des Instituts über die öffentlich-rechtliche Lügenpresse, die Harmlosigkeit des Corona-Virus oder die Verstrickungen von Bill Gates. Ein Auszug:

„Zugleich erscheinen sowohl die anfangs behauptete Gefährlichkeit des Virus als auch die Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen angesichts der sich allmählich aufklärenden Faktenlage mehr als fragwürdig. Doch ein öffentlicher Diskurs ist nach wie vor kaum möglich. Der Presse ist es besser denn je gelungen, abweichende Meinungen mit Fake-News, Verschwörungstheorien oder gar Rechtsradikalismus zu assoziieren und die Gesellschaft auf einen Tunnelblick einzuschwören (…)

Die frühen Hinweise von Fachleuten (…) wurden entweder totgeschwiegen oder ins Lächerliche gezogen.

Die Methoden sind jedem vertraut, der sich in Geschichts-, Politik- oder Medienwissenschaften mit Propagandatechniken auseinandergesetzt hat. Besonders eindrucksvolle Beispiele gekonnt angewandter Propagandatechniken liefert derzeit die „Berichterstattung“ der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.“ (Johannes Mosmann, „Corona-Virus: Menschheit am Scheideweg – Wie im Schatten der Krise die Welt neu geordnet wird„, 01.05.2020)


Bitte informiert euch zum Thema der Corona-Pandemie nur durch vertrauenswürdige Quellen.

Zum Beispiel beim staatlichen Robert-Koch-Institut und seiner Informationsseite zu COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2):

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html


29 Gedanken zu “Corona-Mythen aus der Anthroposophie

  1. Hallo Oliver,
    ich sehe, dass ich für diesen Beitrag ein Passwort eingeben müsste. Dies ist aber zwischen uns nie festgelegt worden. Was kann ich tun? Ich bin wahrscheinlich blind und sehe auf deiner Seite keine Möglichkeit zur Registrierung.
    Im übrigen: wieder tolle Beiträge auf deinem Blog. Den über G5 als Verursacher des Corona-Virus habe ich gleich in meiner letzten FRS-Sendung im März verwertet. Dazu weitere Beiträge über Evangelikale und Corona etc.- Und Texte von Barbara Tuchman über die Pest des 14. Jh.’s aus ihrem Geschichtsklassiker „Der ferne Spiegel. Das dramatisch 14. Jh.“
    Herzliche Grüße und PX (= pleibns xund, sagen die Oberbayern)
    Volker
    >

  2. Einfach nur dumm……esoterisch….Hellseher….keine Ahnung von Anthroposophie…..dass man so etwas veröffentlichen kann, unfassbar!

      1. @ AnthroBlogger

        „Gudrun Schmidt-Größle“ will nur mal gerade Ihre Überlegenheit demonstrieren – ist ja auch VOLL GELUNGEN …

        darauf einen Akasha-Uralt, mit 100% Esoterik und ganz viel Hellseherei:

        „Wenn einem so viel Gutes widerfährt, das ist schon eine Akasha-Chronik wert“

        wer noch nicht weiß, was die „Akasha-Chronik“ ist: https://hpd.de/artikel/10883

  3. Es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird. Also, weder wollen Anthroposophen die Weltherrschaft noch ist jeder Waldorfschüler oder Globulihersteller Anthroposoph.
    Von Steiner find ich hier weniger Verwertbares, Aber ist das verwundelich? Der Mann hat über 300 Zyklen verfasst wieviele Vorträge ist mir unbekannt. Da ist es doch klar, dass die einen ihn für einen Spinner, die anderen ihn für ein Genie halten. Er hat eine geistige Wissenschaft auf naturwissenschaftlicher Grundlage, also auf naturwissenschaftlichem Denken basierend entwickelt. Das widerspricht der Aussage, man könne ohne dieses irgendetwas wissen, auch hellseherisch! Wahrscheinlich, ist das aber bereits zu schwer verständlich, für manch einen der sich Anthroposoph nennen möchte, oder auch für die die Steiner einfach nur anfeinden.. Was seine Hellseherei nun anbetrifft, ist diese ja für die Anthroposophen weniger schön.. Er hat behauptet, dass die Anthroposophie im 21ten Jahrhundert derart angefeindet würde, dass sie sich kaum wird behaupten können…….

    1. @ H. Schultz Wissen Sie, was „Anthroposophie“ ist? Nein. Gönnen Sie sich einen Opernbesuch mit Ansgar Martins, da können Sie mit Freude viel dazu lernen:
      „Anthroposophische Apokalypse: Die Oper Leipzig zeigt „Der Sturz des Antichrist“
      Die Oper Leipzig führt die selten gezeigte anthroposophische Weltanschauungsoper „Der Sturz des Antichrist“ von Viktor Ullmann auf und – eine echte Premiere! – begleitet die Aufführung mit einem kritischen, wissenschaftlichen Symposium. Einer der Referenten ist der Religionsphilosoph Ansgar Martins. Sein mit Genehmigung der Oper Leipzig beim hpd veröffentlichter Programmheft-Text bietet einen tiefen Einblick in die Zukunftsängste und -hoffnungen der Anthroposophie nach dem Tod ihres Propheten Rudolf Steiner. Und wir erleben den Einsatz der anthroposophischen Wunder-Waffen gegen die tödliche nationalsozialistische Ideologie: apokalyptische und zahlenmagische Spekulation …“
      Ansgar Martins, hpd, 26.10.2021: https://hpd.de/artikel/anthroposophische-apokalypse-oper-leipzig-zeigt-sturz-des-antichrist-19802

  4. @ H. Schultz Wissen Sie, was „Anthroposophie“ ist? Nein. Gönnen Sie sich einen Opernbesuch mit Ansgar Martins, da können Sie mit Freude viel dazu lernen:

    „Anthroposophische Apokalypse: Die Oper Leipzig zeigt „Der Sturz des Antichrist“

    Die Oper Leipzig führt die selten gezeigte anthroposophische Weltanschauungsoper „Der Sturz des Antichrist“ von Viktor Ullmann auf und – eine echte Premiere! – begleitet die Aufführung mit einem kritischen, wissenschaftlichen Symposium. Einer der Referenten ist der Religionsphilosoph Ansgar Martins. Sein mit Genehmigung der Oper Leipzig beim hpd veröffentlichter Programmheft-Text bietet einen tiefen Einblick in die Zukunftsängste und -hoffnungen der Anthroposophie nach dem Tod ihres Propheten Rudolf Steiner. Und wir erleben den Einsatz der anthroposophischen Wunder-Waffen gegen die tödliche nationalsozialistische Ideologie: apokalyptische und zahlenmagische Spekulation …“

    Ansgar Martins, Humanistischer Pressedienst, 26.10.2021: https://hpd.de/artikel/anthroposophische-apokalypse-oper-leipzig-zeigt-sturz-des-antichrist-19802

    1. @ Anonymous

      Anonymous: „Schon mal was von Dialektik gehört?“

      Meinen Sie vielleicht „Dianetik“? Um auf den Sekten-Zusammenhang hinzuweisen? Die Rudolf Steiner Sekte macht das viel besser als Scientology.

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