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Bildmontage: Historische Zeichnung von Oberuferer Weihnachtsspiel mit drei heiligen Königen und drei karikaturenhaft dargestellten Juden. Im Hintergrund ein großer Engel mit Heiligenschein.
Bildmontage: Oberuferer Weihnachtsspiele von Anthroposophie.blog

„Alle Jahre wieder“ in der Waldorfschule: Rassismus und Antisemitismus zur Weihnachtszeit

Beim weihnachtlichen Krippenspiel an Waldorfschulen werden in anthroposophischer Tradition häufig die ‚Oberuferer Weihnachtsspiele‘ eingeübt. Dort kommt es trotz altbekannter Kritik auch heute noch zu rassistischem Blackfacing und der Verbreitung antisemitischer Stereotypen von unterwürfigen Juden.

Eine Recherche von Lea Roth und Oliver Rautenberg mit Unterstützung von Ida, Julischka, Katharina, Sarah und Shakira.

Auch im Winter 2023/24 gab es wieder Fälle von Rassismus und Antisemitismus bei den Aufführungen der “Oberuferer Weihnachtsspiele” in anthroposophischen Einrichtungen. Und das 16 Jahre nachdem in der “Stuttgarter Erklärung gegen Rassismus und Diskriminierung” des Bundes der Freien Waldorfschulen behauptet wurde, “weder in der Praxis der Schulen noch in der Lehrer*innenausbildung werden rassistische oder diskriminierende Tendenzen geduldet” und zwei Jahre nachdem das Hausmagazin des Bundes der freien Waldorfschulen titelte: “Klare Kante gegen rechts.

Diese Vorfälle sind kein Problem einzelner Waldorfschulen, auch wenn hier einzelne genannt werden, sondern ein strukturelles Problem. Die an Waldorfschulen tradierten “Oberuferer Weihnachtsspiele”, bestehend aus Paradeisspiel, Christgeburtsspiel und Dreikönigsspiel, werden nicht grundsätzlich antirassistisch aufgearbeitet.

Es gibt zwar scheinbar weniger Fälle von Blackfacing, als noch vor zehn oder zwanzig Jahren und man kann erkennen, wie an einzelnen Schulen nach anderen Lösungen gesucht wird. Aber auch in der Weihnachtsspiel-Saison 2023/24 haben wir Blackfacing in unterschiedlich deutlicher Ausprägung an den Freien Waldorfschulen in Siegen [siehe auch hier], Greifswald, Magdeburg und Heidenheim sowie im Johanneshaus in Öschelbronn gefunden.

Screenshot der Waldorfschulen-Webseite mit den heiligen drei Königen. Ein König im grünen Gewand und Turban, gespielt von einer erwachsenen Frau, hat ein dunkelbraun geschminktes Gesicht.
Waldorfschule Witten
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Angedichteter Antisemitismus

steinerquotes:

“Nun nahm ich damals an den Kämpfen lebhaften An­teil, welche die
Deutschen in Österreich um ihre nationale Existenz führten. Ich wurde
dazu geführt, mich auch mit der geschichtlichen und sozialen Stellung
des Juden­tums zu beschäftigen. Besonders intensiv wurde diese Beschäftigung,
als Hamerlings «Homunculus» erschie­nen war. Dieser eminent deutsche
Dichter wurde wegen dieses Werkes von einem großen Teil der Journalistik
als Antisemit hingestellt, ja auch von den deutschnationalen
Antisemiten als einer der ihrigen in Anspruch genom­men. Mich berührte
das alles wenig aber ich schrieb einen Aufsatz über den «Homunculus»
(…).

‹Was Sie da über die
Juden schreiben, kann gar nicht in einem freundlichen Sinne gedeutet
werden
(…); Nein, der Mann, der meine Kinder erzieht, ist, nach diesem
Aufsatze, kein ‹Judenfreund›.» Davon war er nicht abzubringen.” (Rudolf Steiner)

Quelle: Rudolf Steiner – “Mein Lebensgang“ (GA028, S.191) über den “Homunculus” des “eminent deutschen” österreichischen Dichters Robert Hamerling. Der Literaturwissenschaftler Klaus Völker meint, Hamerling verliere sich darin in “nationalistischen und antisemitischen Stereotypen”.

Siehe auch einige antisemitische Statements von Rudolf Steiner

Angedichteter Antisemitismus

“Nun nahm ich damals an den Kämpfen lebhaften An­teil, welche die
Deutschen in Österreich um ihre nationale Existenz führten. Ich wurde
dazu geführt, mich auch mit der geschichtlichen und sozialen Stellung
des Juden­tums zu beschäftigen. Besonders intensiv wurde diese Beschäftigung,
als Hamerlings «Homunculus» erschie­nen war. Dieser eminent deutsche
Dichter wurde wegen dieses Werkes von einem großen Teil der Journalistik
als Antisemit hingestellt, ja auch von den deutschnationalen
Antisemiten als einer der ihrigen in Anspruch genom­men. Mich berührte
das alles wenig aber ich schrieb einen Aufsatz über den «Homunculus»
(…).

‹Was Sie da über die
Juden schreiben, kann gar nicht in einem freundlichen Sinne gedeutet
werden
(…); Nein, der Mann, der meine Kinder erzieht, ist, nach diesem
Aufsatze, kein ‹Judenfreund›.» Davon war er nicht abzubringen.” (Rudolf Steiner)

Quelle: Rudolf Steiner – “Mein Lebensgang“ (GA028, S.191) über den “Homunculus” des “eminent deutschen” österreichischen Dichters Robert Hamerling. Der Literaturwissenschaftler Klaus Völker meint, Hamerling verliere sich darin in “nationalistischen und antisemitischen Stereotypen”.

Siehe auch einige antisemitische Statements von Rudolf Steiner

Wurzelrassen, Okkultismus, Antisemitismus

”Eine deutsch-russische Esoterikerin, Helena Petrovna Blavatsky,
entwarf eine dubiose Lehre namens Theosophie, deren wichtigste
Bestandteile Wurzelrassen, Okkultismus und Antisemitismus waren und die
von Rudolf Steiner, einem ehemaligen Anhänger Blavatskys, zur
Anthroposophie umgemodelt wurde. In dieser von Steiner als Wissenschaft
bezeichneten Ansammlung wirrer Gedanken wimmelte es von Astralleibern
und Geistesmenschen. Sein Wissen bezog Steiner zu einem guten Teil aus
den »Akasha-Chroniken«, in denen »Das geistige Weltengedächtnis«
enthalten sei (Anthrowiki.at), deren Existenz sich jedoch
praktischerweise nicht überprüfen lässt.

Aus dieser grandiosen Ansammlung von Dummheit ist ein ganzer
Wirtschaftszweig gewachsen. Weltweit gibt es heute über
10 000 anthroposophische oder von der Anthroposophie beeinflusste
Unternehmen. In einigen Wirtschaftszweigen gehören die führenden
Unternehmen Esoterikern.” (Stefan Laurin)

Quelle: Stefan Laurin in Jungle World – “Geld und Geistesmenschen. Aus den wirren Ideen rund um Geistesmenschen, Astralleiber und
Chroniken, die niemand je gelesen hat, ist ein beeindruckender
Wirtschaftszweig erwachsen.

Ein Herz für Verschwörungsideologen: Daniele Ganser und die Anthroposophie

Der Schweizer Historiker Daniele Ganser ist der bekannteste Verschwörungsideologe Europas. Mit Thesen zu angeblichen NATO-Geheimarmeen, Verschwörungstheorien zu 9/11 oder der Erzählung einer nur „fiktiven“ Corona-Pandemie geht er auf Tour. Dem ehemaligen Waldorfschüler bieten insbesondere anthroposophische Einrichtungen immer wieder eine Plattform – und das schon seit Jahrzehnten. Auch in 2023 tritt Ganser wieder in Kreisen der Anthroposophie auf.

Daniele Ganser macht zurzeit mit Verschwörungstheorien rund um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine Schlagzeilen. Professor Klaus Gestwa, Direktor des Instituts für Osteuropäische Geschichte der Universität Tübingen, nennt Ganser darum „brandgefährlich„: Als Vortragsredner, Autor und Funktionär bekannter „Alternativmedien“ wie Nachdenkseiten oder KenFM gelte er als „Star der deutschsprachigen Verschwörungsszene„. Dazu tritt der Schweizer als Redaktionsbeirat des Verschwörungs-Portals „Rubikon“ in Erscheinung und ist mit Medien wie Nuovision und den russischen Propaganda-Sendern „Russia Today Germany“ und „Sputnik.tv“ verbunden, warnt Michael Butter von der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Daniele Ganser hat seine Verschwörungstheorien zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell gemacht. So stellt er beispielsweise die islamistische Täterschaft bei 9/11 infrage und bezweifelt auch die Beteiligung von Neonazis an den Anschlägen auf das Münchener Oktoberfest von 1980. Die „wahren“ Täter vermutet er im Kreis westlicher Geheimdienste.

Sein Einkommen erzielt er vor allem aus den Tantiemen seiner Bücher in hunderttausender Auflage und aus den für seine Vorträge gezahlten Honoraren. Eine Gruppierung, die dem Schweizer Verschwörungsunternehmer immer wieder einlädt, sind die Anhänger der esoterischen Weltanschauung der „Anthroposophie“ Rudolf Steiners.

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Anthroposophische Medizinethik-Veranstaltung in der Gedenkstätte KZ Buchenwald?

Das „Integrierte Begleitstudium Anthroposophische Medizin“ der Universität Witten-Herdecke wirbt auf Facebook für ein „Seminar in der Gedenkstätte KZ Buchenwald“. Die Gedenkstätte distanziert sich von der Veranstaltung und von der Ideologie des Anthroposophie-Gründers Rudolf Steiner.

Auf Facebook wirbt das „Integrierte Begleitstudium Anthroposophische Medizin“ (IBAM) der Privatuniversität Witten/Herdecke für einen Vortrag des Anthroposophen Peter Selg. Den Vortrag bebilderte man mit der Information „Seminar in der Gedenkstätte KZ Buchenwald“ und einem Schockfoto von halbtoten KZ-Insassen (Verpixelung durch Anthroposophie.blog). Die Wahl des Bildes als Werbeträger ist dabei ebenso geschmacklos wie die offenbar konstruierte Verbindung zur Gedenkstätte oder das Thema „Medizinethik“ für die auf Hellseherei basierende Pseudomedizin nach dem Hellseher Steiner.

Die Information, dass das Seminar „in der Gedenkstätte KZ Buchenwald“ stattfinde, findet sich auch auf der Internetseite des „Begleitstudiums“ und der Internetseite der Universität Witten/Herdecke, wo das selbe Bild verwendet wird. Doch die Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora distanzieren sich umgehend.

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Die Mütter von Coronazien

In Zeiten von Corona treibt es Teile der Waldorfschul-Bewegung zum Messaging-Dienst Telegram. In halb-öffentlichen Gruppen wird gegen Staat und Presse gehetzt, es werden Verschwörungsmythen verbreitet und der Nationalsozialismus verharmlost. Eine Recherche von Anthroposophie.blog mit Kommentaren der Sozialwissenschaftlerin Nora Feline Pösl.

„Ein ❤️🧡💛💚💙-liches Hallo an alle Mitglieder“. So begrüßt die Chatgruppe „Waldorf BW kritische Lehrer&Eltern“ ihre Teilnehmer_innen beim Instant-Messaging-Dienst Telegram. Die Gruppen-Leiterinnen Eltern und Lehrkräfte aus Baden-Württemberger Waldorfschulen geben sich harmlos: „In den Telegrammgruppen sind hauptsächlich liebevolle Mütter, die eine schöne Kindheit für ihre Kinder möchten„, schreibt eine Mutter.

Doch schon wenige Einträge weiter wird Angela Merkel mit Adolf Hitler verglichen und Deutschland 2020 mit einer Nazi-Diktatur. Die Grenze zwischen Informationen und alternativen Fakten, Verschwörungsmythen und Holocaustrelativierung verschwimmt dabei nicht nur.

In diesen Gruppen existiert schlicht keine Grenze mehr.

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Hamburger Schulbuchverlag schönt Steiner

Der Hamburger Verlag „Handwerk und Technik“ führt Erzieher in die Grundlagen der Waldorfpädagogik ein. Die zugrunde liegende esoterische Weltanschauung bleibt unerwähnt, der Schulgründer wird zum Universalgenie verklärt.

Mit den Worten „Rudolf Steiners Leben ist geprägt von vorwärtsstrebendem Schaffen“ eröffnet der Verlag für Berufsbildung Handwerk und Technik ein Kapitel über Waldorfpädagogik im „Lehrerhandbuch Erzieherausbildung„, das im September 2020 an einem Wiesbadener Erzieher-Seminar zum Einsatz kam.

„Vorwärtsstrebendes Schaffen“? Das ist nur eine der verklärenden Phrasen, die der Verlag der esoterischen Weltanschauung Anthroposophie des Hellsehers und Okkultisten Rudolf Steiner entnommen hat. Erwähnt werden die Anthroposophie oder die hellseherischen Grundlagen der Reformpädagogik jedoch nicht. Offenbar versteht der Verlag sein eigenes pädagogisches Handwerk nicht.

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Der Aufstand der Provinz

Warum sind Demonstrationen gegen Corona-Schutzmaßnahmen gerade in Baden-Württemberg so stark? Teilnehmer seien „Esoteriker, Waldorf-Fans und Rechtsextreme“, so Katharina Thoms in einem Radiobeitrag für Deutschlandfunk Nova – Grünstreifen. Die Kritik an Poltik und Medien sei inzwischen zur Systemfrage geworden.

Das Thema: „Querdenken 711 – Wie sich das Weltbild der Hygiene-Aktivisten zusammensetzt„.

Der Antisemitismus-Beauftragte Michael Blume meint, dass die „Kritik gegen Wissenschaft“ bereits durch Wurzeln in Platonismus, Pietismus und der Anthroposophie Rudolf Steiners angelegt sei.

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Schwarz-Weiß-Rot-Schwäche: Herr H. sieht keine Nazis

Ausbilder für Waldorfpädagogen leugnet Rechtsextreme und Reichsflaggen bei Berliner Corona-Demos. Sollten Rechtsradikale mitgelaufen sein, störe ihn das nicht, sagt der Anthroposoph

Christoph J. Hueck ist eine gut vernetzte Figur der deutschen Anthroposophie, der esoterischen Weltanschauung des Hellsehers und Okkultisten Rudolf Steiner. Er war Geschäftsführer und Lehrer einer Waldorfschule, Professor an einer anthroposophischen Hochschule und ist Dozent für Waldorfpädagogik. Zudem ist Hueck Redakteur der anthroposophischen Zeitschrift Die Drei sowie Mitbegründer der Akanthos-Akademie für anthroposophische ‚Forschung‘.

Im Hessischen Rundfunk trat der Anthroposoph erst kürzlich als Verteidiger seines hellsichtigen Gurus Rudolf Steiner auf. Der sei wegen „rassistischer und antisemitischer“ Aussagen „immer wieder in der Kritik“, so „hr2“. Hueck jedoch verharmloste den Rassismus Steiners – den die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bereits 2007 amtlich bescheinigt hatte – als „zeitgebundene“ und vereinzelte Äußerungen.

Menschen, die immer wieder diesen Vorwurf erheben, die wollen der Anthroposophie und der Waldorfpädagogik Böses.“ (Christoph Hueck in hr2 – „Steiners religiöser Kosmos – woran glauben Anthroposophen?„, 03. April 2020)

Rudolf Steiner soll also nicht rassistischer gewesen sein, als andere Zeitgenossen auch. Und auch bei den Querfront-Demonstrationen von Stuttgart bis Berlin, in denen der einflussreiche Anthroposoph teils selbst als Redner auftrat, konnte Hueck keinen Rassismus erkennen.

Handelt es sich um eine Schwarz-Weiß-Rot-Sehschwäche?

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