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Finanzierung von Waldorfschulen: Darf’s ein wenig mehr sein?

Der Betrieb von Waldorfschulen wird zu 72% aus Steuern finanziert. Von Baukosten bis zur Anschaffung von IT zahlt an den oft elitären Privatschulen vieles der Staat. Im bayerischen Coburg legen Stadt und Landkreis schon lange zusätzliches Geld oben drauf – nun wird erhöht.

An finanziellen Mitteln sollte es den esoterischen Ersatzschulen, die nach Vorgaben des Hellsehers und Okkultisten Rudolf Steiner arbeiten, eigentlich nicht mangeln. Waldorfschulen werden in Deutschland im Durchschnitt zu 72% aus staatlichen Mitteln finanziert, in der Spitze bis zu 87%. Kosten für Bau, Renovierung oder Erweiterungen der Ersatzschulen übernehmen oft die Städte und Gemeinden. Für Waldorfschulen wird in Deutschland überaus gut gesorgt, wie eine Kostenaufstellung der Kultusministerkonferenz zeigt.

Nicht nur angesichts maroder Staatsschulen mag das unfair erscheinen. Für das Privatvergnügen einer esoterischen Glaubensgemeinschaft, nach den Prinzipien eines Hellseher-Gurus zu unterrichten, sollen wir alle das Portemonnaie aufhalten? Ja, natürlich – so will es das Gesetz. Und Vater Staat gilt bei Waldorfs oft als ganz besonders großzügig.

Waldorfschulen deutlich besser gestellt als Regelschulen

In Nordrhein-Westfalen bemängelt der Landesrechnungshof seit langem, dass die Privatschulen „deutlich besser gestellt“ sind als staatliche Regelschulen – zum Beispiel bei den Personalkosten. In NRW erhalten die Waldorfschulen Zuschüsse in Höhe von 138 Millionen Euro pro Jahr, was 1373 Vollzeitstellen entspricht und deutlich über den Bedarf hinausgeht, berichtete der Westdeutsche Rundfunk in 2019. Auch laut älteren Untersuchungen von 2013 erhielten Waldorfschüler im Durchschnitt rund 10% mehr Geld als vergleichbare Grundschüler an Regelschulen.

In Corona-Zeiten gibt es auch mal ein besonderes Bonbon zwischendurch: Die traditionell technikfeindlichen Schulen dürfen sich über eine kostenlose Ausstattung mit Tablets und Laptops für die Schüler_innen freuen. Selbstredend gelüstet es der Waldorfbund auch nach Geld aus dem Digitalpakt – das man dann wohl lieber für analogen Unterricht verwenden will.

Abgesehen von staatlichen Leistungen erhalten Waldorfschulen von der Elternschaft ein teils erhebliches Schulgeld – was natürlich gerne freiwillig aufgestockt werden darf, Sie verstehen. Und doch reicht es der spirituell orientierten Waldorf-Gemeinschaft, die den schnöden Materialismus ja eigentlich ablehnt, noch lange nicht. Es reicht nie.

Beispielhafte Tabelle für Schulgelder an einer Waldorfschule als privater Ersatzschule in freier Trägerschaft, Stand 2020.

Die Klagen der Waldorfschule über eine angebliche „finanzielle Benachteiligung“ wollen nicht abreißen. Das Ideal wäre ihnen eine staatliche Rundum-Finanzierung ihrer auf Hellseherei basierenden Alternativpädagogik – freilich ohne inhaltliche Einmischung des Staates. Das ist eine Haltung, die der Journalist Friedrich Küppersbusch einmal als „dummdreist“ bezeichnete: „Wo Ideologie, Sektengusto und private Interessen in die Schulen züngeln, sollen wir den Blödsinn sauber durchfinanzieren.

Bayerischer Landkreis zahlt freiwillig drauf

Einer 100%-Finanzierung ist die Waldorfschule in Coburg nun einen ganzen Schritt nähergekommen: Stadt und Landkreis Coburg zahlen der lokalen Rudolf-Steiner-Schule schon lange freiwillige Zuschüsse. Jetzt wurden die Zahlungen von 400 Euro pro Schüler und Jahr mit einem Schlag deutlich erhöht:

Nachdem sich die Stadt Coburg entgegen der Empfehlung des Bildungsbeirates und ohne Rücksprache mit dem Landkreis entschlossen hat, den Zuschuss auf 500 Euro je Schüler zu erhöhen, gab es Diskussionsbedarf.“ (Neue Presse – „Mehr Geld für Waldorfschüler„, 17.07.2020)

Die Zuwendungen haben Tradition. Bereits einem Vierteljahrhundert, genauer seit 1994, wird die Schule freiwillig mit zusätzlichem Geld ausgestattet. Trotz Ablehnung durch den CSU-Landesverband und den Landrat wurde der Antrag auf Erhöhung im Juli angenommen, berichtet die Neue Presse aus Coburg. Die Coburger Waldorfschule erhält ab sofort zusätzlich 500 Euro für jeden Schüler ab der fünften Klasse.

Alles, was Recht ist…

In der Waldorfschule, diesem als Eliteschule kritisierten Refugium für Akademiker-Kinder, wird man sich über das zusätzliche Geld – so ganz ohne eine damit verbundene Qualitätskontrolle – sicher freuen. Für die „Freien“ Schulen ist es ein weiterer Schritt zur totalen Freiheit – der finanziellen, zumindest. Vorgaben vom Staat lassen sie die Esoteriker zwar nur sehr ungern machen – des Staates schnöder Mammon hingegen ist ihnen jederzeit willkommen.

Man kann nun natürlich trefflich einwenden, dass die Gesetzgebung ja „weltanschauliche“ Ersatzschulen durchaus toleriert. Allerdings verlangen die Gesetzgeber von den Waldorfschulen – zumindest auf dem Papier der Schulgesetze – „gleichwertige“ Lehrmethoden und Unterrichtsinhalte. Laut Grundgesetz darf die „wissenschaftlichen Ausbildung der Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen„. Besieht man sich obskure Unterrichtsinhalte wie „Atlantis“ im Geschichtsunterricht oder den Hellseher-Hokuspokus, den pädagogische Laien in Lehrer-Seminaren für „Waldorfpädagogik“ als Rüstzeug mitbekommen, wundert man sich über diese Finanzierung.

„Ist es denn so recht?“


4 Gedanken zu “Finanzierung von Waldorfschulen: Darf’s ein wenig mehr sein?

  1. Okkultusministerien machen’s möglich …:

    „(…) In Deutschland werden Rudolf Steiners Waldorfschulen (zum größten Teil) staatlich finanziert und nach Kräften gefördert – heute mehr denn je, mehr als 1984, als Fritz Beckmannshagen schrieb:

    »Heute sind die Kultusministerien einiger Länder bezüglich der Waldorfschulen total unkritisch und unangemessem großzügig geworden. Ich kann mir dieses irrationale Verhalten nur erklären, indem ich vermute, daß an wichtigen Stellen der Ministerien stille Förderer der Bewegung sitzen und lenken, so daß man bald zutreffend von Okkultusministerien spricht.« (…)“

    zitiert aus: „Töne wie aus einer undichten Gummizelle!“, https://hpd.de/artikel/10216

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