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Der Aufstand der Provinz

Warum sind Demonstrationen gegen Corona-Schutzmaßnahmen gerade in Baden-Württemberg so stark? Teilnehmer seien „Esoteriker, Waldorf-Fans und Rechtsextreme“, so Katharina Thoms in einem Radiobeitrag für Deutschlandfunk Nova – Grünstreifen. Die Kritik an Poltik und Medien sei inzwischen zur Systemfrage geworden.

Das Thema: „Querdenken 711 – Wie sich das Weltbild der Hygiene-Aktivisten zusammensetzt„.

Der Antisemitismus-Beauftragte Michael Blume meint, dass die „Kritik gegen Wissenschaft“ bereits durch Wurzeln in Platonismus, Pietismus und der Anthroposophie Rudolf Steiners angelegt sei.

Deutschlandfunk: Zu viele Verbote, zu wenig Freiheiten unn überhaupt – die Maskenpflicht. Seit Monaten gehen Menschen auf die Straße, weil sie gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern protestieren, vor allem in Baden-Württemberg. (…) Wer läuft denn da eigentlich mit?

Katharina Thoms: Das ist eine ganz schöne Vielfalt. (…) Heute ist es eine ziemlich wilde Mischung… die Kerntruppe, das sind Esoteriker, das sind Waldorf-Fans, es sind auch Menschen, die von den Grünen und von ihrer Regierungspolitik hier in Baden-Württemberg ernüchtert sind. Aber da laufen auch Rechte mit – Rechtsextreme, Menschen die verschwörerische Erzählungen glauben, die glauben, dass die Medien sie einseitig informieren würden. (…) Man einigt sich nicht, wofür man ist, sondern vor allem eben wogegen man ist – da sind dann alle mit abgedeckt. Das sagt auch der Religionswissenschaftler und Antisemitismus-Beauftragte des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume. Der sieht darin so ein bisschen den Aufstand der Provinz. (…)

Michael Blume: Hinzu kommt, dass wir hier eine sehr starke Tradition des Platonismus haben, also diese alte griechische Lehre, dass angeblich die ganze Welt eine Täuschung ist, und dass es den Befreier braucht, der uns dann ans Licht führt. Das hatten wir dann teilweise im Pietismus, also im christlichen Gewand als Obrigkeitskritik selbst gegenüber den Kirchen, und wir haben es sehr stark hier in der Anthroposophie, die sich auf Rudolf Steiner beruft. Das heisst, dass sind also geistige Traditionen, wo eine gewisse Kritik gegen Zentrale und gegen Wissenschaft schon angelegt ist„. (Deutschlandfunk Nova Grünstreifen – „Querdenken 711 – Wie sich das Weltbild der Hygiene-Aktivisten zusammensetzt„, 27.08.2020)

Esoterik neben Gandhi-Plakaten – höre sich das nicht „eher harmlos an“? Nein, sagt Katharina Thoms. Es sei inzwischen „radikal“ geworden, es gäbe „immer heftigere Verschwörungen“. Aus der Corona-Kritik sei inzwischen eine grundsätzliche Kritik an Politik und Medien geworden. Die Proteste würden inzwischen zur „Systemfrage“. Den ganzen Beitrag (6:17 min) gibt es in der Dlf Audiothek zu hören.


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