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Anthroposophisches Altersheim schürt bei Bewohnern Angst vor Corona-Impfung

Zürcher Altenheim gibt Infomaterial der anthroposophischen „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ an Bewohner. In der Broschüre werde in bedrohlichem Tonfall vor angeblichen Gefahren durch eine Corona-Impfung gewarnt, so die NZZ.

Laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung NZZ verteilte das anthroposophisch ausgerichtete Alters- und Pflegeheim „Sonnengarten“ im Zürcher Oberland Broschüren deutscher Impfgegner an seine Bewohner. Der ebenfalls anthroposophische Lobbyverein „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ warnt darin eindringlich vor vermeintlichen Gefahren durch die neuen Corona-Impfstoffe.

Die esoterische Glaubensgemeinschaft des Hellsehers Rudolf Steiner ist bekannt für eine weitgehende Ablehnung von Schutzimpfungen. Anthroposophische Einrichtungen wie Waldorfschulen und -Kindergärten sind traditionell bekannt für niedrige Durchimpfungsraten insbesondere gegen vermeintliche „Kinderkrankheiten“ wie die Masern. In der Corona-Pandemie nehmen die esoterischen Pseudomediziner nun offenbar verstärkt Senioren ins Visier.

Der Tenor dabei: Die Senioren sollten über eine Corona-Impfung selbst entscheiden können. „Sie werden in den nächsten Wochen für sich selber entscheiden, ob Sie sich impfen lassen wollen oder nicht„, schreibt die Heimleitung den Heimbewohnern. Zur Entscheidungsfindung erhalten die Senioren aber nicht die offiziellen Informationen der Gesundheitsbehörden, sondern eine Broschüre eines esoterischen Impfgegner-Verbandes.

Impfungen als potentiell schädlich, unsicher und unwirksam dargestellt

Zur Entscheidungsfindung erhielten die Heimbewohner weder das offizielle „Informationsmaterial des Bundes oder der Zürcher Gesundheitsdirektion„, sondern laut NZZ eine „merkwürdige Stellungnahme“ der sogenannten „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“. Darin betonen die Vertreter der anthroposophischen ‚Medizin‘ vor allem mögliche Gefahren durch eine Corona-Impfung.

Die Impfung greife „tief in den Körper ein, sei unsicher sei und in ihrer Wirksamkeit fraglich:

In der Stellungnahme wird der Verein deutlich: Über die verfügbaren Covid-19-Impfstoffe findet man im vierseitigen Positionspapier kaum ein positives Wort. Stattdessen wird in bedrohlichem Tonfall vor den Gefahren gewarnt.
Die Impfstoffe basierten auf neuartigen Technologien, «die tief in Steuerungs- und Regulationsvorgänge des menschlichen Körpers eingreifen». Deshalb müsse man besondere Sorgfalt walten lassen. Doch «die bisherigen Studien zu den aktuellen Impfstoffkandidaten (Stand November 2020) genügen diesen Sicherheitsansprüchen in keiner Hinsicht». Bei der Entwicklung der Covid-19-Impfstoffe bestünden zurzeit «besonders viele Unsicherheiten und Fragen bezüglich des Nachweises von Sicherheit und Wirksamkeit», heißt es in fett gedruckter Schrift weiter. Ein «sehr großer Teil der Bevölkerung» würde zudem nicht von der Impfung profitieren (…)
„. (Neue Zürcher Zeitung – „Corona in Zürich: Heim verschickt Papier von Impfskeptikern„, 18.02.2021)

Zwei von drei Corona-Toten im Kanton Zürich waren Heimbewohner

Das Vorgehen des Anthroposophen-Verbandes ist besonders perfide vor dem Hintergrund, dass rund zwei Drittel aller Corona-Todesfälle im Kanton Zürich auf Heime entfallen:

Der Impferfolg in den Alters- und Pflegeheimen ist für die Behörden entscheidend: Denn nirgends sonst sterben mehr Menschen an einer Covid-19-Infektion. Bisher entfielen fast zwei Drittel der Corona-Todesfälle im Kanton Zürich auf die Heime. 743 der insgesamt 1183 registrierten Toten waren Heimbewohner.

Die Zürcher Gesundheitsdirektion beurteile das Vorgehen der Heimleitung als „kritisch“, wenn die offiziellen Informationen den Bewhohner_innen nicht zur Verfügung gestellt würden. Beratungen zu Impfungen wären allein in der Verantwortung des Heimarztes. Und der dürfe auch nicht einseitig informieren:

Wenn ein Heim seine Bewohnenden sehr einseitig informiert, ist zu prüfen, ob der allgemeinen Fürsorgepflichtgenügend nachgekommen wurde.

Auch der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen Christoph Berger halte das Material des Vereins für „teilweise unsachlich und einseitig“. Auch der Heimverband Curaviva, in dem das Alterszentrum Sonnengarten Mitglied ist, ist wenig erfreut. Verbandspräsident André Müller:

Wir müssen unbedingt verhindern, dass es zu vielen weiteren schweren Verläufen und Todesfällen in den Alters- und Pflegezentren kommt. Dafür ist die Impfung das richtige Instrument.

Für viele gläubige Anthroposophen gelten Krankheit und Behinderungen als selbst verschuldetes, karmisches Schicksal. Krankheiten zu durchleben verhelfe zur spirituellen Weiterentwickelung und gebe einem die Chance, nach dem Tod und der Wiedergeburt in ein besseres Leben zu inkarnieren. Mit einer Impfung nehme man Menschen eben diese Entwicklungschance.

Wiedergeburtenkontrolle auf die anthroposophische Art.


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