Gutachten zu „Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen“ betrachtet Esoterik und Anthroposophie als festen Bestandteil der Demonstrationen gegen Corona-Schutzmaßnahmen.
Im November 2020 erschien das Kurzgutachten „Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen“ vom Soziologen und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Fabian Virchow und dem Sozialwissenschaftler Alexander Häusler für das Netzwerk Extremismusforschung „core-nrw“.
Die Autoren Virchow und Häusler erwähnen als Teilnehmer auf Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen unter anderem Esoteriker_innen und Impfgegner_innen aus der Anthroposophie. Als eine der Quellen dient Anthroposophie.blog.
Das Gutachten untersucht die Positionen und Aktivitäten von verschiedenen Akteur_innen aus der populistisch-extremen Rechten sowie die wichtigsten Verschwörungserzählungen, die bei Demonstrationen gegen Corona-Schutzmaßnahmen verbreitet wurden. Weiter gehen Virchow und Häusler auf die Milieus ein, aus denen sich Teilnehmer der Demonstrationen rekrutieren.
Unter dem Punkt „Milieus der Pandemieleugnung“ werden in den Gruppen der Esoteriker_innen und Impfgegner_innen die Anhänger der esoterischen Weltanschauung der Anthroposophie des österreichischen Okkultisten Rudolf Steiner benannt.
Esoterik und Verschwörungsdenken seien zwei Formen des Umgangs mit Situationen, die als Kontrollverlust wahrgenommen würden:
„Anhänger*innen der Anthroposophie Rudolf Steiners treten immer wieder als Redner*innen bei den Versammlungen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 auf und referieren
unterschiedliche Verschwörungsnarrative (für Beispiele vgl. https://anthroposophie.blog/). Auch die langjährige und ausgedehnte Präsenz anthroposophischer Einrichtungen in Süddeutschland mag einen Teil zur Erklärung beitragen, warum die Querdenken-Bewegung dort ihre Schwerpunkte hat.“ (core nrw – „Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen“ [PDF], November 2020)
Für viele Teilnehmer_innen an den Protesten gegen Corona-Maßnahmen sei das Impfen ein „zentrales Thema“, so das Gutachten.
„In Baden-Württemberg ist das Milieu stark ausgeprägt und die Impfquote im bundesweiten Vergleich am niedrigsten. Gesundes Leben und das Vertrauen in eine natürliche Immunisierung werden gegenüber der Schulmedizin priorisiert. Die anthroposophische Szene ist gespalten; während die anthroposophisch ausgerichteten Ärztevereinigungen den Infektionsschutz auch in Form des Impfens unterstützen, beteiligen sich andere am Verein Ärzte für individuelle Impfentscheidung oder plädieren unter Berufung auf Ausführungen Rudolf Steiners dafür, das Erkranken von Kindern an Masern als wichtigen Schritt im Prozess der Entwicklung des Individuums zu sehen.“ (core nrw – „Pandemie-Leugnung und extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen“ [PDF], November 2020)