Schließen

„Soziale Dreigliederung“ – eine Blaupause für den Staatsstreich?

Dreigliederungs-Aktivisten bei der Querdenken-Demonstration „FreiSeinFreiburg“, Februar 2022, Foto (c) Sebastian Müller.

Der Anthroposoph Rainer Schnurre hat mit „Von vor dem Sturm“ ein gewaltiges Filmprojekt realisiert. Auf der offiziellen Webseite gibt es ganze 12 Trailer zu dem 5 1/2 Stunden-Mammuntwerk zu sehen, das zwischen 2017 und 2020 gedreht wurde. Thema ist die „Soziale Dreigliederung“ – eine neue Gesellschaftsform, basierend auf Ideen des Anthroposophen Rudolf Steiner. Die Idee einer neuen „Volksherrschaft von unten“ ist bei Esoterikern und Querdenkern zunehmend beliebt. Der Filmemacher forderte erst kürzlich die Akzeptanz rechtsextremer Strömungen in der Anthroposophie.

Der Film „Von Vor dem Sturm oder die Dreigliederung des sozialen Organismus„, der im Februar 2023 Premiere hat, hat laut Filmemacher Rainer Schnurre eine „Mission“: Er solle ein „grundlegendes Verständnis“ für die „Dreigliederung“ hervorrufen und richte sich daher an alle, die die „brenennde soziale Frage schon als lodernde Realität erleben„.

Brisant: Der Filmemacher Rainer Schnurre forderte Akzeptanz für rechtsextreme Positionen innerhalb der Anthroposophie. Er verbreitet staatsfeindliche Thesen, verleugnet die Existenz einer Demokratie in Deutschland und will sich auch zukünftig „nicht regieren“ lassen. Als Aktivist der Dreigliederungs-Bewegung bewegt er sich in einem Umfeld aus Verschwörungsideologen und Umstürzlern. Deren Aktivist_innen meinen: Die Medien, der Wissenschafts- und der Medizinbetrieb sollten künftig vom Volk bestimmt werden: Das sei ein Hebel, um missliebige Berichterstattung zu beenden, Pseudowissenschaft der Wissenschaft gleich zu stellen und Scharlatanen die Mitentscheidung im Medizinbetrieb zu geben.

Weiter lesen „„Soziale Dreigliederung“ – eine Blaupause für den Staatsstreich?“

Wieviel Anthroposophie steckt in den neuen Corona-Protest-Parteien?

Demonstration gegen Corona-Schutzmaßnahmen in Halle, Mai 2020.
Zwischen Rechtsextremen und Verschwörungsideologen stehen Anthroposophen der „Dreigliederungsbewegung“.
Foto (c)2020 Valentin Hacken.

Die unter dem Sammelbegriff „Querdenken“ bekannte Protestbewegung gegen Corona-Schutzmaßnahmen ist esoterisch geprägt, viele ihrer Thesen entstammen der anthroposophischen Weltanschauung. Aus den Protesten gingen zahlreiche neue Parteien hervor. Wie viel Anthroposophie steckt in ihren Forderungen und Programmen?

Die Proteste gegen Corona-Schutzmaßnahmen sind laut ersten verfügbaren Studien deutlich esoterisch geprägt. Auffällig viele Thesen der Querdenker haben dabei parallelen zu Ansichten aus der Weltanschauung „Anthroposophie“ des österreichischen Hellsehers und Okkultisten Rudolf Steiner. So ist in über 30 Städten das Umfeld der anthroposophischen Waldorfschulen an den Protesten beteiligt, findet man die anthroposophische „Dreigliederungsbewegung“ vor oder trifft auf rechts-esoterische Kleinparteien aus dem anthroposophischen Spektrum.

Die Anthroposophie erscheint mit ihren Ansichten von Impfungen bis Alternativmedizin, von der Betonung persönlicher Freiheiten bis zur gleichzeitigen Ablehnung staatlicher Eingriffe als esoterischer Arm der Querdenken-Bewegung. So meldet das ZDF (Anthroposophie.blog berichtete) unter Berufung auf eine Studie der Universität Basel:

Für das Individuum, gegen Gleichmacherei: Das ist auch die Maxime der Anthroposophen. Viele von ihnen engagieren sich in der Querdenker-Bewegung.“ (ZDF Kulturzeit zum Thema „Querdenken – warum Linksalternative nach rechts steuern„, 07. Februar 2021)

Und diese Bewegung bringt neue Parteien hervor, die wiederum anthroposophische Positionen vertreten. Wieviel Anthroposophie steckt in den neuen Corona-Protest-Parteien?

Weiter lesen „Wieviel Anthroposophie steckt in den neuen Corona-Protest-Parteien?“

Es gibt einen Grund, die Regierung stürzen zu wollen

Der Waldorflehrer Nicholas D. verbreitet bei Karlsruher „Querdenken“-Demo Verschwörungsmythen von einer Fake-Pandemie bis hin zu Propaganda-Medien. Er phantasiert sogar vom Sturz der Bundesregierung – und ist damit unter Waldorf-Kollegen kein Einzelfall.

Der Einfluss der Anthroposophen auf die Szene der Corona-Kritiker, -Verharmloser und -Leugner nimmt zu. In zahlreichen Städten von Düsseldorf bis Berlin sind es Lehrer*innen und Ausbilder*innen der esoterischen Privatschule, die auf Demonstrationen Verschwörungsmythen verbreiten und gegen Staat, Medien und Wissenschaft hetzen.

Einen weiteren traurigen Höhepunkt bildet der Auftritt des Karlsruher Waldorfpädagogen und Anthroposophen Nicholas D. Der Lehrer für Geschichte und Ethik bedauert, dass man trotz der „Millionen“ Corona-Demonstanten noch nicht in der Lage sei, „die Regierung zu stürzen“.

Weiter lesen „Es gibt einen Grund, die Regierung stürzen zu wollen“

Die Bio-Kapitalisten von Alnatura und Co.

„Obwohl das Geschäft mit ökologisch erzeugten Lebensmitteln boomt, wirft die Gewerkschaft Verdi den großen Bio-Ketten vor, Mitarbeiter schlecht zu bezahlen und die Wahl von Betriebsräten zu behindern. „Das sind Bio-Kapitalisten, die nichts mit Gewerkschaften und Arbeitnehmergremien zu tun haben wollen“, sagte Bundesfachgruppenleiter Orhan Akman (…)

Keine Betriebsräte in Bio-Supermärkten: Mit Alnatura lag die Gewerkschaft deshalb bereits vor Gericht. Angestellte einer Filiale in Bremen wollten schon vor Jahren einen Betriebsrat wählen. Das soll die Filialleitung torpediert haben. Der Fall ging bis vor das Bundesarbeitsgericht. Eine Entscheidung steht noch aus.“ (WAZ)

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 20.03.2019: „Bio-Kapitalismus: Verdi beklagt Bedingungen in Bio-Läden

Hintergrund: In anthroposophischen Unternehmen wie „Alnatura“ und „dm Drogeriemarkt“ arbeitet man streng nach den Vorgaben des Hellsehers und Okkultisten Rudolf Steiner. Auch bei Denn´s wirbt man mit der „feinstofflichen“ Qualität der mittels Esoterik angebauten Demeter-Produkte. Gemäß dem anthroposophischen Glauben ist ein Unternehmen ein „dreigliedriger Organismus“ mit klar getrennten Hierarchien:

 „Anthroposophische Unternehmen gerieren sich da ja auch immer sehr menschenfreundlich – nach innen heraus ist es aber dann schon so, dass der Chef der Chef sein soll und innerbetriebliche Mitbestimmung ist nicht so gerne gesehen. Bei Alnatura in Bremen gab es da richtig Gerichtsstreitigkeiten darum, dass man sich erdreisten wollte, da einen Betriebsrat einzurichten., weil da die einzelnen Glieder gegeneinander arbeiten – und dann sind die wie eine Art Krebsgeschwür, die gehören dann eigentlich weg. Es ist ja krank, wenn ein Wesensglied gegen die anderen aufbegehrt. Es ist an sich erstmal keine demokratische Idee.“ (André Sebastiani)

Quelle: André Sebastiani im „Nachgefragt Podcast“ zum Thema „Anthroposophie und Waldorfpädagogik“ (ab ca. 1:25:00h).

Der Jesus Christus des kleinen Mannes

“Rudolf Steiner, der Jesus Christus des kleinen Mannes, ist in Paris
gewesen und hat einen Vortrag gehalten.

Ich habe so etwas von einem
unüberzeugten Menschen überhaupt noch nicht gesehen. Die ganze Dauer des
Vortrages hindurch ging mir das nicht aus dem Kopf: Aber der glaubt
sich ja kein Wort von dem, was er da spricht! (Und da tut er auch recht
daran.)

Wenns mulmig wurde, rettete sich Steiner in diese
unendlichen Kopula,
über die schon Schopenhauer so wettern konnte: das Fühlen, das Denken,
das Wollen – das ‚Seelisch-Geistige‘, das Sein. Je größer der Begriff,
desto kleiner bekanntlich sein Inhalt – und er hantierte mit
Riesenbegriffen. Man sagt, Herr Steiner sei Autodidakt. Als man dem sehr
witzigen Professor Bonhoeffer in Berlin das einmal von einem Kollegen
berichtete, sagte er: ‚Dann hat er einen sehr schlechten Lehrer gehabt
-!‘ Und der Dreigegliederte redete und redete. Und [der bekannte
Journalist Jules] Sauerwein übersetzte und übersetzte. Aber es half
ihnen nichts. Dieses wolkige Zeug ist nun gar nichts für die raisonablen
Franzosen.

Die Zuhörer schliefen reihenweise ein; dass sie nicht an
Langeweile zugrunde gingen, lag wohl an den wohltätigen Folgen weißer
Magie. Immer wenn übersetzt wurde, dachte ich über diesen Menschen nach.
Was für eine Zeit -! Ein Kerl etwa wie ein armer Schauspieler.
Alles aus zweiter Hand, ärmlich, schlecht stilisiert … Und das hat
Anhänger -!

Der Redner eilte zum Schluss und schwoll mächtig an.
Wenns auf der Operettenbühne laut wird, weiß man: Das Finale naht. Auch
hier nahte es mit gar mächtigem Getön und einer falsch psalmodierenden
Predigerstimme, die keinen Komödianten lehren konnte. Man war versucht
zu rufen: Danke – ich kaufe nichts.” (Kurt Tucholsky)

Quelle:
Ignaz Wrobel (Pseudonym von Kurt Tucholsky), Rudolf Steiner in Paris, [stark gekürzt] in: Die Weltbühne, Jg. 20, Nr. 27, 3. Juli 1924, II, S. 26–28

(via Wikipedia)

Skip to content