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Corona-Zwangstests an der Waldorfschule Ostfriesland?

Hat das Gesundheitsamt Aurich eine Waldorfschule überfallen und illegale Corona-Zwangstests an traumatisierten Kindern durchgeführt? Presseberichte widersprechen den Darstellungen einer Waldorfmutter.

An der Freien Waldorfschule Ostfriesland in Sandhorst gab es Anfang September 2020 einen Corona-Verdachtsfall. Das Gesundheitsamt testete daraufhin einige Schüler*innen einer vierten Klasse. Nach einem Beschwerdeanruf einer Waldorfmutter beim Videoblog „aurich.tv“ kursieren im Internet wilde Verschwörungsmythen über den Vorgang.

Journalisten der Ostfriesischen Nachrichten stellen jedoch klar: „Auricher Videoblog verbreitet Falschinformationen“.

Es klingt gruselig, was der Videoblog am Mittwochabend verbreitete. Nach einem Corona-Verdachtsfall soll das Auricher Gesundheitsamt in eine vierte Klasse der Freien Waldorfschule Ostfriesland in Sandhorst „einmarschiert“ sein. Laut dem Videoblog sind weder Lehrer noch Eltern der Waldorfschule vorher informiert worden. Angeblich, so geht der Bericht weiter, hätten die neun- und zehnjährigen Kinder angefangen zu weinen. Einige hätten gar durch das Fenster fliehen wollen. Den Kindern sei erzählt worden, die Eltern wüssten Bescheid. Das aber sei den Eltern nur vorgegaukelt worden. Corona, so das Fazit des Berichtes, setze das Rechtssystem völlig außer Kraft.“ (Ostfriesische Nachrichten – „Corona: Waldorfschüler müssen in Quarantäne„, 12.09.2020)

Auf Social Media tobt seitdem der Mob: Die Schule sei vom diktatorischen Corona-Regime „gestürmt“ worden, es seien „Zwangstests“ an „traumatisierten Kindern“ durchgeführt worden – und das sei nur der Anfang. Es sei ein Test, um die „Demokratie“ abzuschaffen und Corona-Kritiker womöglich bald in „Internierungslager“ zu bringen.

Das Videoblog hatte Darstellungen der Waldorfmutter offenbar ungeprüft übernommen, nach denen Kinder weinend geplant hätten, aus einem offenen Fenster zu fliehen. Diese Story war ein gefundenes Fressen für die Gegner von Corona-Maßnahmen, die oft aus Esoterikern, Verschwörungsideologen und Rechtsextremen bestehen.

Die Zeitung relativiert unter Berufung auf das Auricher Gesundheitsamt und den Sprecher des Kreises:

Richtig ist laut Kreissprecher Rainer Müller-Gummels, dass am Mittwochvormittag in einer Schulklasse der Waldorfschule bei nahezu allen anwesenden Schülern der Klasse eine Rachenabstrich-Untersuchung zur Feststellung einer möglichen Corona-Infektion durch zwei Mitarbeiter des Gesundheitsamtes durchgeführt worden ist. Die Untersuchungen seien in Absprache mit den Lehrkräften und dem Schulleiter erfolgt. Es habe sich insgesamt um neun Kinder und vier Lehrer gehandelt (…)

Vor nahezu allen Untersuchungen wurden die Erziehungsberechtigten der Schüler telefonisch informiert und es wurde eine mündliche Einverständniserklärung eingeholt. Bei einem einzigen Schüler gelang die telefonische Kontaktierung der Erziehungsberechtigten nicht, sodass in diesem Einzelfall die Untersuchung in direkter Absprache mit dem betroffenen Schüler durchgeführt worden sei. Weinende Kinder oder Fluchtversuche aus dem Fenster des Klassenraumes hätten die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes nicht erlebt.“ (Ostfriesische Nachrichten – „Corona: Waldorfschüler müssen in Quarantäne„, 12.09.2020)

Kein Überfall, kein heimliches Vorgehen, kein Zwang: Die Untersuchung sei „geordnet, strukturiert und überlegt“ abgelaufen, in „bestmöglicher Absprache mit allen beteiligten Personen“. Eine Entwarnung findet man auf Social Media naturgemäß kaum. Auch die Waldorfschule selbst will sich zu den Vorgängen nicht äußern.


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